Geben und nehmen
Sprache, meine Sprache – Sprache vieler Sprachen hier – ist die wundersamste Sache; hab‘ sie einst gelernt von Dir, kleine Welt, die mich umgeben. Mutter, Vater, Schwester, Bruder war’n Beginn in meinem Leben; heute führ‘ ich selbst das Ruder.
Meine Augen, meine Ohren – sie sind der Antennen vier – alles, was noch nicht verloren, sie allein erspürten ’s mir. Und mein Ich ließ manches gelten; und so formte Bild um Bild sich – es entstanden Wunderwelten; Amorphes wurde wesentlich.
Und es formt sich – zu begreifen Geist und Körper – meine Seele ! Und sie wird zur Knospe reifen; hoffe, daß sie’s nicht verfehle. Und die Knospe bricht – o Wunder ! – Wie aus tausend Quellen fließet Wort um Wort, und rund und runder wird der Strom, der sich ergießet.
Ja doch – siehe ! wie von innen unaufhaltsam hier die Güsse stetig ineinanderrinnen bald zu strömen schon als Flüsse. Sprache – meine Sprache – Seele rufet ! und will Dich erreichen – unbekannte Urbefehle suchen damit ihresgleichen.
Es wär‘ sinnlos, würden meine ungezählten Wort‘ verhallen und der Lebenshauch zu Scheine g‘radewegs ins Nichts zerfallen. Und so freu‘ ich mich denn eben, daß auch andre sprechen können; und all dieses zu erleben will ich’s mir vergönnen.
Allein die Töne sind es nicht, die mir aus dem Munde tanzen, wenn einer mit dem andern spricht ist es doch der Mensch im Ganzen. Ja doch – schau genauer hin – Lippen, Nase, Augen, Ohren, Beine Arme, Bauch und Kinn – bin als Ganzes doch geboren !
Also hör‘ ich, also seh‘ ich – so ich hier auf Erden tanz‘ – und so fühl‘ ich und versteh‘ Dich durch und durch und voll und ganz, weil Du mir in ’s Auge schaust, Deine Hand die meine drückt, weil Dein ganzer Körper braust damit Deine Worte schmückt.
Ist das nicht schön ? – sich anzuseh’n für einen kurzen Augenblick – sich so und so auch zu versteh’n ? – Die Worte sind dann wie Musik – die Gesten dann wie Blumen sind. Gib hin und Du bekommst zurück. So spielt das Leben – wie der Wind. Ist nicht alldies‘ das wahre Glück ?
©whp
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