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 Karsten
Karsten Offline


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Beiträge: 161

21.01.2008 17:09
Woll, der Haubergstroll Antworten
Nun ja....das Folgende ist Siegerländer Heimatkunde in Geschichtenform...ich hoffe, Ihr könnt dem folgen ;))

Woll, der Haubergstroll

Es ist Winter. Die Schafe sind in ihrem Stall im Dorf. Nur die Zäune stehen noch auf der letzten Weide. Der kalte trockene Wind hat die Regentropfen von den bunten Drähten geweht. Jetzt wird es für den Schäfer Zeit die Zäune abzubauen und bis zum Frühjahr einzulagern, bevor der erste Schnee fällt. Der Schäfer zieht die Stecken aus dem Boden. Vorsichtig legt er sie der Länge nach auf die Erde, damit sich das Zaunnetz nicht ineinander verstrickt. 50 m misst ein Zaun und 10 Zäune müssen noch abgebaut werden. Schon nach dem ersten Zaun fragt Päppel ungeduldig: „Bist Du gleich fertig?“ „Nein, das dauert noch. Spiel Du noch etwas.“ Der Schäfer rollt das Zaunnetz sorgfältig auf. „Wann bist Du denn fertig? Dauert es lange oder ganz lange oder ewig lange?“ Päppel schaut sich auf der Weide um. „Hier ist nichts zum Spielen, Schäfer und alles Gras ist abgefressen.“ „Dann schau mal da unten am Wald, Päppel. Vielleicht ist da noch etwas zum Knabbern. Wenn ich die Zäune ordentlich aufrolle, sind sie im Frühling ganz schnell wieder gesteckt und ihr Schafe könnt wieder auf die Wiese. Also sei nicht so ungeduldig.“ „Geduldig sein ist gar nicht spannend, Schäfer. Ich suche jetzt etwas ganz Spannendes.“ Ehe der Schäfer aufblicken kann, ist Päppel die Wiese heruntergerannt zum Wald. „Mach keinen Unsinn, Päppel und bleib in der Nähe“ ruft der Schäfer ihm noch hinterher. Dann rollt er den Zaun weiter auf. Päppel ist schon bei den ersten Bäumen angekommen. Er schaut sich um. Ein Holzstab steckt in der Erde. Päppel guckt sich das genauer an. Auf dem Holzstab sind Zeichen eingeritzt. „Was ist denn das?“ denkt Päppel. „Vielleicht habe ich einen Schatz gefunden.“ Päppel schaut ganz aufgeregt die Wiese hoch und überlegt, ob er den Schäfer rufen soll. Doch der ist immer noch mit den Zäunen beschäftigt. „Das bekomme ich allein heraus. Den Schatz finde ich.“ Päppel schnüffelt mit seiner Nase an dem Holzstab herum. „He Du da. Bleib da weg!“ Eine tiefe Stimme hat Päppel erschreckt und er hüpft direkt einen Meter zurück. „Hallo, wer ist denn da? Ich mache ja gar nichts“ ruft Päppel in die Richtung, aus der die Stimme kam. Er schaut ganz angestrengt in den Wald. Aber er kann nichts erkennen. Päppel hört ein Rascheln und Äste knacken. „Ob ich weglaufen soll? Das ist eigentlich schon viel zu spannend für mich.“ Päppel will sich gerade umdrehen und losrennen. „Nun bleib da. Hab keine Angst. Ich tue Dir nichts.“ Die Stimme klingt jetzt freundlicher. Päppel ist einfach zu neugierig. „Dann zeig Dich doch mal. Ich habe keine Lust mit Dir zu reden, wenn ich Dich nicht sehe.“ Päppel nimmt seinen ganzen Mut zusammen, aber sein Herz klopft vor Aufregung. Wieder knacken Äste und vor Päppel steht ein kleines Männlein. Es ist gerade so groß, dass seine Augen in Päppels Augen sehen können. Seine hellen Haare sind verfilzt und stehen bis zum Himmel. Jedenfalls fast bis zum Himmel. Also ziemlich hoch, findet Päppel. Das Männlein hat wahnsinnig rote Lippen. Und obwohl es so kalt ist, trägt es nur eine kurze Hose. „Frierst Du nicht, Männlein?“ fragt Päppel mitleidig. Ihm würden kalte Schauer über den Rücken laufen, wenn er kein Schaf wäre und er nicht so eine kuschelig-warme Wolle hätte. „Ich friere nie, sonst würde ich nicht so heißen, wie ich heiße. Du als Schaf kannst es schnell erraten.“ Das Männlein schaut Päppel erwartungsvoll an. Päppel überlegt und überlegt. Dazu fällt ihm gar nichts ein. Schließlich ist er es leid zu überlegen. „Du hast zu viele Märchen gehört, Männlein. Da gab es schon einmal einen, wie Dich. Der hieß Rumpelstilzchen und die schöne Königin musste auch den Namen raten. Ich weiß es genau, die Geschichte kenne ich. Also ich bin der Päppel. Das kommt von aufpäppeln, weil ich ein Flaschenlamm bin.“ „Du bist ein ungeduldiges Schaf, Päppel. Ich heiße Woll, der Haubergstroll.“ „Was hat denn das mit Schafen zu tun? Das ist ein ganz und gar komischer Name.“ Woll, der Haubergstroll setzt sich auf eine Wurzel, die hinter ihm liegt und schlägt die Beine übereinander. Dann beginnt er zu erzählen. „Als ich vor 200 Jahren in einem Hauberg geboren wurde, war es auch so bitterkalt, wie heute. Meine Trolleltern deckten mich warm zu, aber ich habe mich immer wieder freigestrampelt. Das ging so lange, bis meine Mutter schließlich sagte, ich sei sicher aus Wolle. Weil sich Wolle nicht auf Haubergstroll reimt, hat sie mich kurzerhand Woll genannt.“ Päppel strahlt über beide Lämmerbacken. „Jetzt verstehe ich Deinen Namen, Du kleiner Troll. Dann haben wir also fast etwas gemeinsam. Erzähl bitte weiter. Was ist ein Hauberg und was bedeuten die Holzstäbe?“ Woll zeigt auf den Holzstab, unter dem Päppel den Schatz vermutet hat. „Damit fängt das Haubergsjahr an. Gestern waren die Menschen aus dem Dorf hier und haben den Hauberg, also diesen Niederwald, aufgeteilt. Jeder Familie gehört ein bestimmter Anteil am Hauberg und jede Familie hat ein bestimmtes Zeichen, das in den Stab geritzt wird. Wenn Du am Waldrand entlang schaust, siehst Du die ganzen Stäbe. Der Hauberg wird so in viele Streifen aufgeteilt. Ein solcher Waldstreifen wird hier Jahn genannt. Wenn Du ein richtiger Haubergexperte werden willst, musst Du Dir das merken, Päppel. Bald werden die Menschen aus dem Dorf wiederkommen und die Bäume abschlagen.“ „Wird dann der ganze schöne Wald abgesägt? Das sieht dann sicher sehr öde aus.“ Päppel stellt sich in Gedanken einen abrasierten Berg vor. „Nein, Du Schaf. Das ist das Besondere an der Haubergswirtschaft. Es wird nur ein Teil des Waldes gefällt.“ Der Troll zeigt mit seinen Händen auf den vorderen Teil des Haubergs. „Schau, bis dahinten stehen die Holzstäbe. Nur bis dahin wird gearbeitet. Die Bäume werden kurz über dem Boden am Stamm geschlagen. Nächstes Jahr wachsen aus der Wurzel wieder neue Stämme. Ein Haubergsbaum hat immer einige Stämme. Die werden aber nicht so dick, wie ein Stamm im Hochwald. Hier wachsen keine Tannen und Fichten. Es gibt Birken, Eichen, Weiden und einige Buchen. Nur solche Bäume können wieder nachwachsen. Außerdem bleiben immer einige besonders schöne Bäume stehen. Aus ihren Samen wachsen wieder neue kleine Bäume heran.“ Päppel staunt. „Sag mal Woll. Dann brauchen die Bauern nie nachpflanzen? Das ist aber ganz schön schlau von den Haubergsbauern.“ Woll, der Haubergstroll muss lachen. „Ja, Päppel. Das ist ganz schön schlau. Das haben sich die Waldbauern auch gut überlegt. Viele berühmte Leute fanden es so schlau, dass sie Bücher über den Siegerländer Hauberg geschrieben haben. Als ich ein kleiner Troll war, war der Hauberg sehr wichtig. Alle 15 bis 20 Jahre, wenn die Bäume nachgewachsen waren, wurde das Holz geschlagen. Von den Eichen wurde vorher die Rinde geschält und dann getrocknet. Die Eichenrinde oder Lohe wurde verkauft und zum Gerben von Leder eingesetzt. Aus den dickeren Holzstämmen wurde Holzkohle gemacht. Die dünnen Äste haben die Bauern zusammengebunden und auch getrocknet. Das nennt man Schanzen machen. Wenn der Wald abgeholzt war, wurde alles, was auf dem Waldboden gewachsen war, abgetragen und aufeinander gelegt. Dann haben die Bauern ein Feuer gemacht und haben die Haufen verbrannt. Das war das Brasebrö. Ich bin dann auf die höchsten Hügel geklettert und habe von oben zugeschaut. Es sah sehr unheimlich aus, wenn der Rauch das ganze Tal eingehüllt hatte. Die Asche wurde am nächsten Tag wieder auf den Waldboden verteilt. Das war ein guter Dünger. So konnten die Bauern Roggen oder Buchweizen aussäen und später ernten. Päppel, weißt Du, was man auch heute noch aus dem Roggen macht?“ Päppel schüttelt den Kopf. Er ist ganz verwirrt. Erst ist der Hauberg ein Wald und danach ein Feld. Er ist gespannt, was der Troll noch erzählen kann. „Unten im Dorf steht doch der Backes, das Backhaus. Aus dem Roggen wird Mehl gemahlen und Brot im Backes gebacken. Dafür braucht man die Schanzen. Mit den großen Reisigbündeln wird der Backofen geheizt und man bekommt das leckere Schanzenbrot.“ Das kennt Päppel natürlich. Manchmal, wenn der Schäfer ihn besonders verwöhnen will, füttert er Päppel ein hartes Stück Schanzenbrot. „Hmmmm...wie lecker“ Päppel läuft das Wasser im Mund zusammen. „Wie gut, dass Du einen Troll kennen gelernt hast, Lämmchen“ zwinkert Woll mit seinen lustigen Augen und zaubert einige Scheiben Schanzenbrot herbei. Woll, der Haubergstroll braucht nach so einer langen Geschichte eine Stärkung. Soviel hat Woll seit über 100 Jahren nicht mehr erzählt. Päppel hat sowieso immer Hunger. Zusammen sitzen sie kauend und schmatzend und essen das leckere Brot. „Ich bin aber immer noch nicht fertig mit der Haubergsgeschichte“ beginnt der Troll mit vollem Mund wieder zu erzählen. „ Wenn die Haubergsbäume wieder einige Jahre gewachsen waren, hat der Dorfhirte die Rinder im Wald geweidet. Das war immer ein schöner Moment, wenn man schon von weitem die Glocken der Tiere gehört hat.“ Päppel kann es sich gut vorstellen, wie gut die frischen Laubblätter den Rindern geschmeckt haben. „Weißt Du, Troll, vorhin als ich den Holzstab entdeckt habe, habe ich gedacht einen Schatz gefunden zu haben.“ Woll, der Haubergstroll schaut Päppel an. „Du hast einen Schatz gefunden, Päppel. Der Wald hat die Bauern viele hundert Jahre ernährt. Er hat ihnen Holz geliefert und das Getreide. Sie konnten die Lohe an die Gerbereien verkaufen und ihr Vieh weiden. Heute arbeiten die Menschen in Fabriken und kaufen ihr Brot in Bäckereien. Oft sitze ich in der Abenddämmerung manchmal hier oben auf dem Berg und schaue über das Tal. Ohne die Haubergsbauern sähe es hier ganz anders aus. Aber das Leben damals war sehr anstrengend und die Bauern mussten den ganzen Tag schwer arbeiten. Ich bin froh, dass es immer noch einige Menschen gibt, die den Hauberg für ihr Brennholz brauchen. So bleibt die Erinnerung lebendig und ich habe weiter ein Zuhause. Es ist zu schön, wenn im Sommer die Blumen im Hauberg rot und gelb blühen. Aber jetzt bin ich müde, Päppel und Dein Schäfer hat auch alle Zäune eingesammelt. Wenn Du im Frühling auf dieser Weide bist, werde ich Dich besuchen und Dir noch mehr Geschichten erzählen. Machs gut, kleiner Freund. Nodda, sagt man hier zum Abschied.“ „Nodda, Woll. Mach Du es auch gut.“
Päppel läuft schnell zum Schäfer. „Ich muss Dir so viel erzählen, Schäfer. Du wirst es nicht glauben. Ich habe einen Schatz gefunden.“


kb

Angefügte Bilder:
Päppel und Dusty.jpg   Schöner Troll.jpg  
Anette ( gelöscht )
Beiträge:

22.01.2008 12:26
#2 RE: Woll, der Haubergstroll Antworten

Nodda.... klar doch... sehr gut.. sehr gut!! So konnt ich auch noch ein bissel lernen, obwohl mir das meiste doch sehr vertraut war.
Klasse!!!!!


«« Anna Lena
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