Dunkel ist es geworden, in meinem Zimmer. Versunken in Gedanken, in Worten und Klängen die mich berieselten, hatte ich nicht bemerkt, dass der Abend längst vor den Fenstern stand und den Tag verabschiedet hatte. So saß ich noch immer ohne Licht, als ich aus meinen Gedanken erwachte. In alten Bildern und Erinnerungen hatte ich gekramt, denn die Töne aus den Kopfhörern hatten mich berührt und mich bei der Hand genommen. So fand ich mich bald in unzähligen Bildern. Bilder aus glücklichen Tagen, wenn die Musik von Glück und Liebe sprach. Erzählten Melodien von Tränen und Tod, Verlust und Schmerz, so fand ich mich bald im Jetzt. Ein ständiger Wandel zwischen Gestern, Heute und Morgen.
Ich hatte geglaubt, dass wir zusammen alt werden, dass wir unsere ganze Zukunft vor uns hätten. Jede Menge Zeit, miteinander zu reden, zu lachen und zu weinen. Viel hatten wir miteinander geredet und doch wird es sicher noch vieles geben, was ich dir gerne erzählen, worüber ich mich gerne mit dir unterhalten würde. Nun bleibt mir nichts anderes, als stumm meine Worte zu formulieren und auf Antworten zu hoffen, denen dann allerdings deine tiefe, samtige Stimme fehlen wird.
Ich hatte geglaubt, wir würden unser Leben teilen und immer Seite an Seite gehn… einfach so. Nie hatte ich Befürchtungen, es könnte anders kommen. Gemeinsam waren wir so stark… haben uns gegenseitig getragen und das Leben neu entdeckt. Unsere Erde war wieder rund, hat sich mit uns gedreht, doch nun hat sie dich verloren – und sie dreht sich einfach weiter, ohne Rücksicht darauf zu nehmen. Es wird schwer werden Schritt zu halten, wo mir doch eine Seite fehlt – mein zweites Halb. Nun muss ich ohne dich das Laufen lernen. Noch fällt es schwer und ich werde sicher noch oft stolpern und so manches mal vielleicht noch fallen.
Ich hatte einfach angenommen, dass nicht nur deine Liebe, sondern auch du - mich ewig begleiten würdest…..
Liebe Birgit, es ist gewiss noch viel schlimmer den Partner zu verlieren als die Zwillingsschwester. Vor einem Jahr bekam mein Mann 2 Bypässe und da bangte ich um sein Leben. Gott sei Dank hat er es geschafft, aber ihr hattet dieses Glück nicht. Die vielen Worte, die immer wieder das gleiche sagen, wie "das Leben geht weiter", "nach Regen kommt Sonnenschein" oder oder helfen nicht viel. Aber tatsächlich ist es so, dass ich jetzt nach 2 Jahren gern an meine Schwester denke und sie immer noch sehr vermisse. Aber der Schmerz lässt sich besser aushalten. Ich wünsche dir, dass du Freunde und Familie hast, die mit dir die Trauer tragen und du irgendwann wieder Neues und Schönes entdeckst. Mir sagen deine Texte sehr viel und ich glaube, auch das Schreiben kann helfen... Mir bedeutete damals die Jahreslosung von 2007 "Siehe ich will ein Neues schaffen. Jetzt wächst es auf, erkennt ihr es nicht?" aus Jesaja, 19, sehr viel. Ich habe dieses Neue für mich entdeckt: ich schreibe, nicht nur Mails und Briefe, sondern auch Texte und Gedichte...Ich versuchte einen Spanischkurs...vielleicht findest du auch wieder Neues?