Das Geschenk
>>Rein mit euch dreien.<<, sagte ein fröhliche Stimme >>Nachher gibt es eine Überraschung.<<
Dann wurde es dunkel.
>>Eine Überraschung? Ich liebe Überraschungen.<<, sagte Mäxchen erfreut.
>>Falls du es noch nicht bemerkt haben solltest, wir sind in einem kleinen Raum und haben kein Licht.<<, meinte Floh vorwurfsvoll >>Warum sollen wir in einem dunklen Raum auf eine Überraschung warten und uns dabei freuen?<<.
>>Vielleicht sollen wir sie vorher nicht sehen.<<, meinte Mäxchen.
>>Was ist bloß mit dir los? Bist du so dumm oder stellst du dich nur so dumm an?<<
>>Wie jetzt?<<
>>Kommt mal zur Ruhe ihr beiden. Wir wissen doch gar nicht was Herr Gräser vorhat. Vielleicht gehört das zu seiner Überraschung!<<, sagte Sammy.
>>Oder das Licht ist kaputt.<<
>>Mäxchen.<<, störte Floh ihn.
>>Wir setzten uns hin und warten was passiert.<<, befahl Sammy.
Alle folgten seinem Befehl. Setzten sich und warteten.
Und warteten.
Und warteten.
Nichts geschah.
Sie warteten weiter.
Nichts.
>>Darf ich was fragen?<<, flüsterte Mäxchen nach einer Weile.
>>Nein!<<, schrien ihn die anderen beiden gemeinsam an.
>>Okay!<<, und Ruhe war.
Sie warteten also weiter.
Um sie herum herrschte die Dunkelheit. Nur die Umrisse von den anderen konnten sie erkennen. Nicht mehr und nicht weniger. Wären da nicht die Löcher in der Decke, sie hätten überhaupt nichts sehen können.
>>Wie sieht`s mit jetzt aus?<<, fragte Mäxchen noch einmal leise nach.
>>Dann frag halt.<<, entnervt gab Sammy auf.
Als wäre diese trostlose Stimmung die ganze Zeit über nicht gewesen, sprach Mäxchen laut und voller Freude los >>Denkt ihr ich könnte schnell auf die Toilette gehen?<<
>>Nein Mäxchen, dass denken wir nicht.<<, meinte Floh nun auch genervt.
>>Aber ich muss so dringend.<<
Herr Gräser hat gesagt wir sollen hier drinnen warten. Also warten wir auch. Verstanden?<<, sagte jetzt wieder Sammy.
>>Sobald er da ist, verschwinde ich zuerst auf die Toilette. Alles andere ist mir dann egal. Auch wenn das größte Geschenk für mich ist. Es muss warten.<<
>>Wir könnten uns doch wirklich unterhalten in der Zeit in der wir warten. Oder nicht?<<, sagte Floh.
>>Ja. Die Zeit geht dann viel schneller rum.<<, stimmte Mäxchen ihm zu >>Wer hatte überhaupt diese blöde Idee einfach nur stumm da zu sitzen und überhaupt nichts zu tun?<<
>>Ich war das.<<, knurrte Sammy >>Aber wir haben doch was gemacht.<<
>>Was denn?<<, neckte Mäxchen ihn.
>>Wir haben gewartet.<<
>>Gewartet! Oh so viel habe ich mich in meinem ganzen Leben noch nicht anstrengen müssen. Warten, was für eine schwere Beschäftigung. Hätte ich das vorher gewusst, ich hätte mich nie dafür beworben. Die Ausbildungsdauer für den Beruf „warten“ ist bestimmt lang.<<
>>Wieso soll die lang sein?<<, wollte Floh nun wissen.
>>Naja, du musst immer darauf warten bis die Ausbildungszeit rum ist.<<
>>Hör auf damit Mäxchen.<<, meckerte Sammy >>Ich kann auch nichts dafür, dass wir hier vergessen wurden.<<
>>Vergessen?<<, bekam es Floh mit der Angst zu tun. Wie es Mäxchens Art eben war, stimmte er gleich in die Gefühlslage mit ein >>Sie haben uns vergessen! Wie schrecklich. Jetzt müssen wir verhungern und verdursten.<<
>>Und du kommst nie wieder auf die Toilette.<<, fügte Floh hinzu.
>>Du hast recht. Dann werde ich mit einer gefüllten Blase sterben. Das ist nicht schön.<<, dann wechselte er abrupt zu was Neuem >>Was denkt ihr? Wieviel Tage können wir ohne Essen und Trinken überleben?<<
>>Die haben uns nicht vergessen.<<, störte Sammy die beiden in ihrem Wahn.
>>Aber du hast eben noch gesagt,…<<, sagte Mäxchen.
>>Du hast mich falsch verstanden.<<, unterbrach ihn Sammy.
>>Glaubst du ich bin verrückt?<<
>>Nein, dass glaube ich…<<
>>Du denkst es aber.<<, jetzt unterbrach Mäxchen Sammy >>Das sehe ich dir an.
>>Es ist Stockdunkel. Wie kannst du so etwas sehen?<<, fragte Floh.
>>Ich habe Superkräfte.<<
>>Wow. Dann kannst du doch sicher durch diese Wand gucken und uns sagen was dort vor sich geht.<<, ging Floh plötzlich auf ihn ein. Als hätte er innerhalb weniger Lidschläge sein Gehirn getauscht.
>>Kann ich leider nicht. Meine Superkräfte wirken nur von Sonntag auf Montag, 24:00 – 0:00 Uhr.<<
>>Das ist eine ganze Woche.<<, Floh hatte Mäxchens Zeitangabe nicht ganz verstanden >>Jetzt mach schon. Schau durch die Wand.<<
>>Er hat keine Superkräfte.<<, mischte Sammy sich ein.
>>Woher willst du das so genau wissen?<<, fragte Floh.
>>Weil…Weil es eben so ist.<<, eine andere Erklärung konnte Sammy im Moment nicht finden. Wie soll er auch jemandem was erklären, der gerade neben sich stand. So konnte Sammy sich das nur erklären. Sonst war Floh auch nicht so Begriffsstutzig. Der enge Raum, die Dunkelheit, die schlechte Luft und Mäxchen konnten einem schon ganz schön zusetzen.
Floh wollte gerade noch zu einem Widerwort ansetzen, als sie plötzlich ganz ruhig blieben. Viele Kinderstimmen waren zu hören. Es kam von der anderen Seite der Wand. Nein, sie kamen von allen Seiten. Was war los? Gehörte das zu der Überraschung, von der Herr Gräser erzählt hatte? Da hörten sie seine freundiche Stimme wieder >>Aufgepasst Kinder! Hier ist eure Überraschung!<<
>>Überraschung?<<, fragte Mäxchen nach >>Er hat uns nicht vergessen. Herr Gräser hat unsere Überraschung dabei.<<, er jubelte.
Die Tür über ihnen öffnete sich. Grelles Licht fiel auf sie herab und eine Hand griff nach ihnen. Es war Herr Gräser, der sie auf den Arm nahm und sie freudig anlächelte.
Als Sammy dies endlich zu begreifen verstand, war schon ein kleines Mädchen angelaufen gekommen und streichelte ihn >>Oh wie süß!<<, sagte sie.
Die anderen Kinder starrten auf sie herab >>Er hat uns Hunde mitgebracht.<<, schrie ein Kind voller Begeisterung.
Eine kleinere Hand griff in die Kiste und nahm Floh heraus. Floh konnte Sammy sehen wie er im Arm eines kleinen Mädchens gehalten wurde. Sie drückte ihn fest an sich und wollte ihn überhaupt nicht mehr loslassen. Umso mehr Kinder stritten sich um ihn. Jeder wollte ihn halten und streicheln und mit ihm spielen.
>>Ja ich habe euch kleine Hundewelpen mitgebracht. Das Tierheim spendet eurem Kinderheim drei Hunde. Es wird gut für eure Entwicklung sein. Ihr habt eine Aufgabe, ihr müsst euch um sie kümmern. Mit ihnen Gassi gehen, spielen, sie waschen, füttern…<<, doch Herr Gräser sah das die Kinder ihm nicht mehr zuhören. Die Hunde waren im Augenblick der Mittelpunkt des Geschehens. Alles andere war unwichtig geworden.
Nur ihre Namen wollte er den Kindern noch mitteilen >>Das da hinten ist Sammy. Der da ist Floh, und in der Kiste sitzt immer noch Mäxchen.<<
Herr Gräser nahm Mäxchen mit einer Hand aus der Kiste und wollte ihn stolz präsentieren, als dieser seinen Toilettengang vollzog. Das hatte Mäxchen gesagt, sobald er raus kann, würde er auf die Toilette gehen. Herrn Gräsers Hand war ganz nass und die Kinder ringelten sich vor lachen auf dem Boden.
Herr Gräser reichte Mäxchen einem Jungen, der ihn gleich darauf freudestrahlend den anderen zeigte. Eine Zeitlang saß er noch da und beobachtete die fröhlichen Gesichter der Kinder. Wie sie mit den Hunden spielten und sie sie sofort in ihre kleinen Herzen schlossen. Ein besseres Geschenk hätte er dem Kinderheim nicht machen können. Da merkte er, auch wenn man als Schenker kommt, kann es sein das man als Beschenkter wieder geht.
ENDE
