Einer Mutter Kinder
Sind alle Nächte einer Muter Kinder? Gewiss sind sie das, haben sie doch genau wie menschliche Geschwister Ähnlichkeiten und Unterschiede vielfältiger Art. Da sind die Mondnächte, in denen der Himmel mehr oder weniger erhellt ist von dem getreuen Trabanten der Erde, der sie immerdar umkreist. Manche Mondnächte sind nur beleuchtet von einer schmalen Sichel, andere von breiteren bis hin zur Halbmondsichel. Die Halbmondnächte sind schimmernd hell; aber Vollmondnächte strahlen in einem wundersamen Silberglanz. Doch auch in mondhellen Nächten vertreiben zuweilen Wolken das Licht, mal zur Gänze, mal nur zu einem geringen Teil. jede Mondnacht präsentiert sich anders und bleibt doch den Geschwistern ähnlich. So ist es auch bei den Sternennächten. In manchen ist der Himmel nur von wenigen Sternen bewohnt, in anderen zeigt er sich glitzernd und funkelnd, milliardenfach das Licht verstreuend auf unsere Erde. Schön sind sie alle, diese Nächte, laden ein zu staunendem Schauen. Schön sind aber auch die Neumondnächte, in denen der Himmel dunkel ist, so dass er wie ein blau samtenes Tuch erscheint, das sich über die Erde wölbt. Auch das Dunkel einer mond - oder - sternenlosen Nacht fasziniert. Es weckt die Sinne, lädt ein zum Hören, lässt andere Geschöpfe erahnen, Gemeinsamkeiten spüren oder auch Furcht aufkommen. Es weckt die Phantasie und treibt sie an, schöpferische Blüten zu treiben in jeder Form, klein und zart, aber auch voluminös und ausufernd, den menschlichen Geist füllend mit stummen Schrei. Da wachsen die Blumen der Liebe neben denen des Bösen, dem dunklen Unbewussten entsprossen, zärtlich und urgewaltig, nachgiebig und stark. So sind die Nächte, leuchtend und dunkel. Alle laden sie ein zu staunendem Schauen. Alle sind sie schön. Alle sind sie einer Mutter Kinder.
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