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  Anette Esposito
Anette ( gelöscht )
Beiträge:

19.11.2007 06:50
Eine etwas längere Kurzgeschichte Antworten

Erstes Kapitel

Es war ein ganz normaler, doch schon ziemlich kalter Sonntagnachmittag im Spätherbst.
Die Sonne hatte längst den Kampf gegen die Jahreszeit verloren. Nur hin und wieder versuchte sie für ein paar Minuten mit ihren wärmenden Strahlen die noch übrig gebliebenen bunten Blätter der Laubbäume zu kitzeln.
Ein kräftiger Wind, der von Osten her ins Land fegte, schob dicke düstere Regenwolken vor sich her. Er vertrieb zusehends die letzten goldenen Momente dieses Tages. Die ganze Vegetation war schon seit einiger Zeit damit beschäftigt, sich auf die Ankunft des näher kommenden Winters vorzubereiten.
Verena stand am Fenster und schaute die Straße hinunter. Viele der vorbei eilenden Menschen hatten ihre Hälse mit dicken Wollschals umwickelt und sie bis zur Nasenspitze hochgezogen. Manche liefen mit aufgestellten Mantelkrägen, den Kopf eingezogen und zwischen die Schultern geklemmt, durch die kalte, herbstlich gestimmte kleine Vorstadt.
Man hätte meinen können, sie fürchteten sich vor der frischen Luft, die sie umwehte.
Die meisten von ihnen trugen auch kein Sonntagslächeln auf ihren Lippen, sondern stapften mit mürrischen Gesichtern den Bürgersteig entlang.
Verena öffnete die Balkontür und trat ins Freie. Der kalte Wind, der ihr entgegenschlug, raubte ihr für einen Moment den Atem.
Aber sie ließ sich nicht davon abhalten, ihre heizungsluftverwöhnten Lungen damit zu füllen, bis sich ein leichtes Schwindelgefühl in ihrem Kopf bemerkbar machte. Vor ein paar Minuten noch war sie von einer bleiernen Müdigkeit überfallen worden, die sie eigentlich kompromisslos auf die Couch zog. Diese schien plötzlich wie weggeblasen.
Sie spürte, wie sich ihr träger Geist erfrischte und mit einem Schlag fühlte sie sich wieder hellwach.
Verena liebte den Herbst mit seinen abwechslungsreichen und bunten Tagen, an denen man am Morgen niemals genau weiß, wie am Nachmittag der Himmel aussehen wird.
Sie freute sich jedes Mal, wie ein Kind auf Weihnachten, wenn sich der Herbst mit seinen vielen Farbnuancen ankündigt und genießt es, Mutter Natur dabei zuzuschauen, wie sie
mit Pinsel und Palette experimentiert um ihre bunten Ergebnisse malerisch in der Natur zu verteilen, während die Sonne täglich immer mehr an Kraft verliert.
Noch immer stand sie am Balkongeländer und sah dem Tanz der abfallenden Blätter zu, die durch die Luft wirbelten, um sich am nächsten Baum noch einmal festzuklammern und sich dann wieder, nach einer kurzen Verschnaufpause, mit dem Wind treiben zu lassen.
In diesem Moment machte allerdings der kalte Wind auch vor Verenas Wollpullover keinen Halt mehr. Sie fröstelte, ging rasch zurück und schloss die Balkontür hinter sich. Als sie sich gerade auf die Couch setzen wollte, klingelte als es an der Tür.
Wer konnte das sein? Verena erwartete niemand. Vielleicht war es mal wieder ihre Nachbarin, die zum wiederholten Male unter irgendeinem fadenscheinigen Vorwand versuchte in Verenas Wohnung einzudringen. Sie beliebte es, gründlich auszukundschaften, ob Verena überhaupt dazu fähig sei, ihre Wohnung in dem spießigen kleinen Mietshaus in Ordnung zu halten. Und ganz nebenbei bemühte sie sich sichtlich etwas Genaueres über ihre neue Nachbarin herauszufinden, da ja keiner so genau wusste, was Verena so alles getrieben hatte, bevor sie in diese Gegend gekommen war.
Es musste eine ihrer Lieblingsbeschäftigungen sein, denn sie führte diese Tätigkeit besonders präzise und leidenschaftlich durch.
Verena schritt, schon leicht verärgert zur Wohnungstür, an dem Garderobenspiegel vorbei, ohne ihn eines Blickes zu würdigen und öffnete die Tür gerade so weit, wie es die Sicherheitskette daran zuließ.
Draußen erblickte sie einen großen, dunkelhaarigen, ihr vollkommen unbekannten Mann. Genau wie die meisten Leute an diesem Tag, hatte er an seinen Mantelkragen bis unter das Kinn gezogen.
„Entschuldigen Sie bitte, bin ich hier richtig? Ist das die Wohnung von Frau Keller?
Ich kann leider auf dem Namensschild der Türklingel nicht feststellen, wer hier wohnt.
Die Schrift darauf ist nicht mehr zu erkennen.“
Er lächelte Verena freundlich an. Sie sah in zwei dunkelbraune Augen, die sie fragend anschauten.
Ach, herrje! Das Namensschild! Immer wieder hatte sie sich vorgenommen, es zu erneuern und es mit ihrem Namen, Verena Bechstein, zu beschreiben. Immer wieder hatte sie es vor sich her geschoben und dann…. vergessen. Es gehörte einfach nicht zu den wichtigsten Dingen in ihrem Leben, deshalb hatte sie es auf ihrer Liste der Erledigungen ganz unten an geschrieben. Wozu auch? Jeder, der sie kannte, wusste doch, wo er sie finden konnte.
Sogar der Postbote schob diverse Rechnungen in den Briefkasten unterhalb der Klingel, die an sie adressiert waren. Verenas anfangs unterschwellige Hoffnung, das Namensschild nicht zu erneuern, damit die anfälligen Rechnungen und Mahnungen wieder zum Absender zurück gehen würden mit dem Vermerk „unbekannt verzogen“, hatte sich als Seifenblase entpuppt.
Wozu also ein gut leserlichesNamensschild? Oder, warum eigentlich keins? Es schien ja weder zu schaden, noch von auffälligem Nutzen zu sein. Verena lachte innerlich bei dem Gedanken, das Schild mit oranger Leuchtfarbe zu bemalen und stellte sich das verdutzte Gesicht ihrer Nachbarin dabei vor. Dann schüttelte sie kurz den Kopf und richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf den Fremden. Dabei beschloss sie, das Schild in den nächsten Tagen doch zu erneuern, ohne irgendwelche Besonderheiten.
Etwas unwirsch antwortete sie auf die ihr gestellte Frage:
„ Sehe ich etwa aus wie Frau Keller? Ich kenne niemanden hier im Haus, der so heißt.“
Ihr Gegenüber zog die Augenbrauen hoch, stutze kurz und sichtlich verlegen entgegnete er:
„Ich bitte Sie nochmals um Entschuldigung. Ich wollte Sie auf keinen Fall irgendwie belästigen, aber das ist doch hier die Goethestraße 27. oder nicht?“
Er hatte wohl aus ihrem Tonfall heraus geschlossen, dass er sie doch bei irgendetwas Wichtigem gestört haben müsste und das erschien ihm wohl unangenehm
Hatte er ja auch, wenn auch, bei nichts Wichtigem.
Sie dachte kurz nach. „Goethestraße 27 stimmt, aber es ist meine Adresse, aber ich heiße definitiv nicht Keller. “entgegnete sie ihrem Gegenüber.
Das war ihr sogar vor circa sieben Monaten durch den Stempel des Beamten im hiesigen Wohnungsamt bestätigt worden.
Verena musste immer noch lachen, wenn sie an den komischen Kauz im Einwohnermeldeamt dachte, der ihr Anmeldeformular entgegengenommen und unterschrieben hatte. Ein kleiner, kugelrunder, Hornbrillenbestückter Glatzkopf ohne Hals mit einer Rabenstimme. Krächz! Sein Kehlkopf schien direkt unter dem Kinn befestigt gewesen zu sein und seine Stimmbänder veränderten die Tonlage der Worte, wenn er den Unterkiefer bewegte. Auf und zu, quer, hin und her, sodass bei jeder Mundbewegung die er machte, die Schwingungen seiner Stimmbänder in verschiedenen Stimmlagen zu hören waren.
Wie eine Tonleiter, von Mezzosopran bis Bass , wo ab und zu ein Ausrutscher in Form eines Pfeiftones sich dazwischen mogelte.
Es klang, als ob er versuchte, die Melodie einer Nationalhymne in seine Rede zu packen, als er ihr die Sehenswürdigkeiten der kleinen Stadt fast feierlich ans Herz legte.
Zum Schluss erhob er sich noch vorbildlich galant von seinem Platz, streckte ihr seine Wurstfinger entgegen und sagte:
„ Willkommen, Frau Beschstein in unsern klein Städschen. Isch hoff, Sie fühle sisch bei uns wohl.“ Fast hätte sie laut losgelacht, konnte sich aber dann soeben noch beherrschen. Er war schließlich Beamter, wenn auch ein ziemlich merkwürdiger.


Verenas Stimme wurde nun doch etwas freundlicher und sie bat den Mann einen Moment zu warten. Dann ließ sie die Tür ins Schloss fallen, zog die Kette weg und öffnete im gleichen Moment wieder. Nun stand sie vor ihm.

Er sah sie kurz an. Sein Blick blieb an ihren Haaren haften und seine Mundwinkel zogen sich zu einem kleinen Schmunzeln in die Höhe. Jäh wurde ihr bewusst, dass sie ziemlich zerzaust aussehen müsste, da ihr ja auf dem Balkon der Wind ihre Mähne völlig durcheinander geweht hatte. Sie errötete und ärgerte sich im gleichen Moment über ihre Unsicherheit, die sie plötzlich überfiel.Vielleicht dachte er, sie wäre vielleicht nicht alleine gewesen und hätte in diesem Moment mit einem Mann….. Sogleich versuchte sie, ein wenig verlegen, rasch ihre Frisur in Ordnung zu bringen, indem sie mit ihren Fingern ein paar Mal hindurch strich. Dann hatte sie sich wieder gefasst. Was ging diesen Fremden eigentlich ihr zerzaustes Haar an? Es dürfte ihm ja schließlich egal sein, ob sie durch sein Klingeln vielleicht grad der Dusche oder dem warmen Bettgefieder entschlüpft war und ob sie mit einem Mann zusammen gewesen war oder nicht. Aber irgendwie wurmte das Ganze ein wenig an ihr, wusste der Himmel weshalb, und darüber ärgerte sie sich nun noch mehr.
Schon wieder begann er sich zu entschuldigen:
„ Wissen Sie, ich lebe in Neuseeland, bin momentan auf Geschäftsreise und wollte meine Lieblingsgroßtante überraschend besuchen. Ich habe als Kind bei ihr oft die Ferien verbracht und ich weiß nur, dass sie nach dem Tod ihres Mannes hierher gezogen sein soll. Leider habe ich, schon vor Jahren durch meine Arbeit den Kontakt zu ihr verloren, doch ich würde sie sehr gerne mal wiedersehen.“
Seine Stimme klang fast zärtlich, als er von der alten Dame sprach. Verena zeigte sich zwar vollkommen uninteressiert an seiner Geschichte, doch sie konnte nicht verhindern, dass sie nun doch ein klein wenig Mitleid für ihm empfand.
„Es tut mir sehr Leid, ich weiß nichts darüber. Als ich vor sieben Monaten hier eingezogen bin, stand diese Wohnung leer. Ich weiß beim besten Willen nicht, wer hier vorher gewohnt hat.“ Sie schüttelte den Kopf: „ Ich kann ihnen da wirklich nicht helfen.“
„ Da kann man nichts machen.“ Sichtlich enttäuscht und achselzuckend drehte er sich um und wollte gerade gehen, als sich die Tür der neugierigen Nachbarin öffnete. Sie hatte mit Sicherheit die ganze Zeit hinter ihrem Spion verbracht und gelauscht.
Das war eine andere Lieblingsbeschäftigung von ihr. Sie erforderte ihre ganze Kraft und Aufmerksamkeit, damit sie, wenn sie etwas Neues erfahren hatte, sofort ihrer Berufung als wandelndes Tagesblatt mit Exklusivrechten in vollkommener Hingabe nachgehen konnte. Gegen ihre Berichterstattungen waren selbst die aktuellen Tageszeitungen uninteressante, veraltete Käseblättchen.
„Oh“, flötete sie, „ ich habe rein zufällig mitbekommen, dass sie nach Frau Keller suchen?“ Zufällig!!! Ja klar, sie hörte und sah ja immer alles rein zufällig.
Dieses Klatschweib war so falsch, wie ein gefüllter Hackbraten, den man auch als falschen Hasen bezeichnet. Verena wusste zwar nicht, was ein Hase mit einem gefüllten Hackbraten gemein hatte, zudem noch als falsch bezeichnet wurde, fand sie diesen Namen passend für ein Frauenzimmer wie ihre Nachbarin. Hinzu kam ja schließlich auch ihr äußeres Erscheinungsbild.
Denn wenn Verena sie sich genauer betrachte, sah sie wirklich aus wie ein prall gefüllter Hackbraten. Ihre beiden Schneidezähne, hatten sich, wahrscheinlich in Folge einer nicht behandelten Kiefernfehlstellung nach vorne geschoben. Und sogar bei geschlossenem Mund, wenn er sich mal in diesem Zustand befand, waren sie auf der Unterlippe, wie bei einem Hasen, zu sehen.
Zwar fehlten ihr die sichtlich langen Ohren, die sie aber dennoch zu besitzen schien, um jedes Wort, das im Hausflur gesprochen wurde, mit denselben aufzufangen.

Und ihre Abhöranlage, die sich an den Seiten ihres Kopfes befand funktionierte mehr noch als einwandfrei. Selbst Sehen konnte sie in ihrem fortgeschrittenen Alter noch mit einem derartigen Scharfblick, den Verena nicht einmal besaß. Sie war also durch und durch ein falscher Hase, denn nur hoppeln konnte sie anscheinend nicht. Verena war jedenfalls derartiges bisher noch nicht aufgefallen.
Aber mit ihren enormen Fähigkeiten hätte sie bestimmt in der Eliteeinheit des Geheimdienstes als Spionin Karriere machen können.
Nur das Plappermaul würde man dann am besten mit Sekundenkleber verschließen müssen, damit ihre Informationen nicht über die feindlichen Grenzen hinaus drangen. Jedoch bestand ein begründeter Zweifel in Verenas Augen, dass auch dieser Zustand sie nicht davon abhalten würde, auch nicht wenigstens mal für ein paar Sekunden ihr ratterndes Mundwerk zu halten.
Verena fiel diese Tratschsucht furchtbar auf den Wecker, wenn sie die Gelegenheit ergriff
just in dem Moment, wo sie die Wohnungstür aufschloss, wie ein Geist neben ihr aufzutauchen, um, hinter vorgehaltener Hand natürlich, in aller Kürze, die Neuigkeiten des Hauses brühwarm los zu werden.
In Kürze meint natürlich, dass sie ihr einfach keine Zeit gab, um die Dinge ausführlich zu berichten, da sie sofort hinter der Wohnungstür verschwand und diese geräuschvoll vor ihrer Nase zufallen ließ.
Sie hatte einfach kein Interesse an Klatschkolumnen, die die Bewohner des Hauses betrafen.
„ Ja, Frau Keller hat einige Jahre hier gewohnt“, hörte sie die Nachbarin sagen.
Dabei nickte heftig und war sich offensichtlich bewusst darüber, wie wichtig ihre Aussage in diesem Moment wohl zu sein schien. Sie atmete den stickigen Hausflurmief so tief ein, dass sich ihr kiloschwerer Vorbau für diesen kurzen Moment in die Waagerechte erhob um dann sofort wieder abzusinken.
Diese Dinger scheinen sogar die Eigenschaft gefährlicher Waffen zu besitzen. Denn wenn sie sich ruckartig ich ihrem Bett herumdrehte, konnte es passieren, dass sie versehentlich ihren Mann damit erschlug. Der Arme! Wie hielt er es bei so einem Unikat wohl aus?
„ Ich glaube, es waren exakt zwei Jahre und dreieinhalb Monate. Dann ist sie in ihrer Wohnung gestürzt und hatte sich einen Oberschenkelhalsbruch zugezogen. Sie kam in ein Krankenhaus und danach hat man sie in ein Heim abgeschoben. Eine schreckliche Geschichte. Die Ärmste! Sie hat ja wohl keine Kinder, die sich um sie kümmern könnten.“
Bei diesen Worten schlug sie ihre Hände über dem Kopf zusammen und blickte erschrocken zur Decke.
„ Wenn ich mir vorstelle, dass mir so etwas zustoßen würde... Ach du lieber Himmel! Nein, wie furchtbar. Dann wäre mein armer Heinrich aufgeschmissen, wenn er mich nicht mehr bei sich haben könnte und ich in ein Krankenhaus müsste.“
Sie verdrehte dabei recht theatralisch ihre Augen. Sie schien ein wahrhaftiges Talent dafür zu haben, um sich geschickt in Szene setzen zu können.
„Vielleicht ginge es ihm ja dann viel besser“, durchfuhr es Verena im Stillen. Jedoch laut mit einem kleinen Hauch von Zynismus in ihrer Stimme zischte sie:
„ Sie wären aber ohne ihren Heinrich auch arm dran, wenn es umgekehrt wäre, oder?“
„ Ja, sicher“, fügte sie rasch ein, „er ist so ein guter Mann. Er liest mir jeglichen Wunsch von den Augen ab.“
Sie lächelte kurz und wischte sich dabei eine graue Strähne aus ihrer Stirn.

Verena mochte ihren Mann. Er war ein ruhiger, höflicher Zeitgenosse, der sich immer, wenn er ihr begegnete, höflich nach ihrem Befinden erkundigte und seine Hilfe für eventuelle Notsituationen anbot. Treu und brav ging er jeden Tag um die gleiche Zeit einkaufen und schleppte die schweren Tüten die Treppe hinauf zu seiner Wohnungstür, wo ihn sein Hausdrache jedes Mal, Feuer speiend, mit den Worten empfing:
„ Na endlich! Wurd’ aber auch Zeit. Was hast denn wieder alles so rumgetratscht auf der Straß’?“ Und er antwortete jedes Mal wieder mit Engelsgeduld:
„Bin doch schon da, Liebes. Du weißt doch, ich kann nicht mehr so schnell. Die Pumpe ist halt nicht mehr so in Takt wie früher und de Beine wollen auch schon lang nicht mehr so, wie ich das nu ma will.“
Dann küsst er sie auf die Wange und beide verschwanden in ihrer Wohnung.
Diese Szene spielte sich jeden Tag erneut im Hausflur ab und war mittlerweile schon zu einem täglichen Ritual geworden. Außer am Sonntag natürlich. Dann sah man die beiden einträchtig hintereinander, sie zwei Schritte vorne weg, wie die englische Queen, in Festtagsgewändern zur Kirche marschieren.
„ Wissen Sie vielleicht in welches Heim man sie gebracht hat?“ hörte ich den Mann fragen.
„ Aber nein“, entgegnete sie mit heftigem Kopfschütteln, „ ich weiß es leider nicht.“ Oh Wunder! „Wissen Sie, ich kümmere mich grundsätzlich nicht um die Angelegenheiten der Mitbewohner hier im Haus. Es wird ja immer so viel geredet und ich möchte mich da nicht mit hineinziehen lassen, wenn irgendetwas Falsches über irgendwen geredet wird.“
Ha, Ha, Ha! So eine alte Gewitterhexe! Das war ja nicht zu fassen.
Nun musste Verena doch laut lachen, was ihr einen bitterbösen Blick aus den zusammengekniffenen Augen der Nachbarin bescherte. Verwundert blickte der Großneffe von Frau Keller die junge Frau an, jedoch begriff er schnell. Er zwinkerte ihr kurz zu und nickte verständnisvoll mit dem Kopf. „ Gut“, fügte er hinzu, „dann werde ich mich in dem hiesigen Krankenhaus mal umhören müssen. Man wird dort vielleicht noch ihre Akte haben, worin dokumentiert wurde, wohin man sie gebracht hat. Ich danke Ihnen trotzdem herzlich für Ihre Auskunft und entschuldigen Sie bitte noch einmal die Störung.“
Seine, mittlerweile vierte Entschuldigung, fiel Verena nun doch langsam auf den Wecker.
„Er ist ein sehr ein höflicher Mensch“, kam ihr nun in den Sinn. Den besänftigenden Einwand ihres Gewissens schlug ich allerdings gleich wieder in den Wind.
„ Auf Wiedersehen und noch einen schönen Tag den Damen, wünsche ich.“
Mit diesen Worten drehte er sich um, schritt die sechs Stufen hinunter zur Haustür.
Laut fiel sie hinter ihm ins Schloss.


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