Ich hab mich mal an einer Kindergeschichte/an einem Märchen versucht...
Tinkerbell die kleine ElfeIm Zauberwald, gleich hinter den Hügeln saß die kleine Elfe Tinkerbell
auf ihrer Blüte und ruhte sich aus.
Den ganzen Tag war sie im Wald herum spaziert, war auf den Felsen im Steineck
herumgeklettert, und hatte sich an dem Efeu hinauf gehangelt, das am Stamm
des größten Baumes des Waldes wuchs. Danach war sie mit Jimmy, dem kleinen Hasen
um die Wette gelaufen und nun war sie müde.
Ihre Blüte stand zwischen den saftigen Gräsern in einer winzig kleinen Waldlichtung.
Um sie herum wuchsen viele Bäume. Sie waren sehr sehr hoch, hatten dicke, starke Äste
und manche schienen in den Himmel zu wachsen.
Tinkerbell war nachdenklich und traurig geworden und das sollte sie doch nicht.
Kleine Elfchen sind doch immer fröhlich und beschwingt. Warum war Tinkerbell nur
so am Grübeln? Warum war sie so anders, als all die anderen Elfen, die erst in
der Abenddämmerung wieder zurück in den Zauberwald kamen?
Sie wünschte sich, sie könnte einmal in die Baumkronen der großen Bäume fliegen
und dort ihre Nase von der Sonne kitzeln lassen. Hier im Zauberwald standen die alten,
knorrigen Bäume so dicht, dass es nur wenige Sonnenstrahlen schafften, sich durch das
dichte Geäst zu drängen. Der Waldboden war feucht und Tinkerbell fror oft, in ihrem
dünnen, blauen Kleidchen.
Am Rande des Zauberwaldes lag ein kleiner See.
Kurt der Zitronenfalter, hatte Tinkerbell davon erzählt. An dem kleinen See musste es
wundervoll sein. Kurt hatte schon so oft davon geschwärmt und ihr alles beschrieben -
die vielen bunten Blumen, die auf den Wiesen um den See herum wuchsen,
die warmen Sonnenstrahlen die auf dem Wasser tanzten und die Luft wärmten,
den Chor der Frösche, der dort oft ein Konzert gab, die Bäume und Sträucher, die dort
ein hellgrünes Kleid trugen, und die fröhliche Stimmung die dort herrschte.
Wie gern würde Tinkerbell den See einmal selbst sehen, aber der Weg dorthin war
viel zu weit und sie würde ihn wohl niemals mit einem Tagesmarsch erreichen.
„Hey Tinkerbell. Regnet es?“ fragte plötzlich die Blume, auf der die kleine Elfe saß.
„Aber nein – das ist kein Regen oder? Dieses Wasser schmeckt irgendwie salzig und das
tut mir gar nicht gut.“ „Entschuldige“ murmelte Tinkerbell.
„Es ist… ach weißt du… ich bin ein wenig traurig. Es regnet nicht, kleine Blume.
Es war eine Träne“ sagte das kleine Elfenmädchen und ließ den Kopf hängen.
„Ach Tink…“ sprach Sophie die kleine Blume, mitleidig. „Schon seit ein paar Tagen merke ich,
wie du immerzu grübelst, wenn du hier her kommst. Was ist denn nur los mit dir?“
Und Tinkerbell fing an, der kleinen Sophie von ihren Sorgen zu erzählen:
„Weißt du Sophie – ich frage mich, warum ich noch immer nicht fliegen kann.
All meine Geschwister, meine Cousinen und Elfenfreunde können fliegen, nur ich nicht.“
Und wieder tropfte ein kleines Tränchen hinab auf die weißen Blütenblätter. „Alle Elfen
fliegen nach Sonnenaufgang weg und kommen erst in der Abenddämmerung wieder zurück
in den Zauberwald. Sie sind dann immer alle so fröhlich und glücklich und reden von ihren
schönen Erlebnissen und Erfahrungen, die sie tagsüber gemacht hatten, bis ihnen die Augen
zufallen und sie lächelnd einschlafen.
Natürlich ist es hier im Zauberwald auch schön und ich habe viele Freunde. Ich kenne
jeden Baum und jedes Tier, aber es ist hier so dunkel und kalt und ich würde sooo gern
mal draußen über die freien Felder fliegen und mit der Sonne um die Wette strahlen und
ich würde so gerne einmal am See sitzen und das Konzert der Frösche hören während mich
die Sonne wärmt und… ach Sophie, warum kann ich nicht fliegen?
Ich habe es schon so oft versucht. Tag und Nacht bin ich am Üben, aber es will einfach
nicht gelingen.“ sagte die kleine Elfe traurig.
„Ich kann dich verstehen“ sagte die Blüte. „Kleine Elfen lieben und brauchen die warmen
und hellen Strahlen der Sonne. Ich selbst stehe lieber hier im Schatten. Mir ist die Sonne
viel zu heiß und sie würde mir schaden, aber kleine Elfchen wie du – ja, ich weiß, Elfen
fühlen sich wohl im Licht. Warum du nicht fliegen kannst, diese Frage kann ich dir
allerdings nicht beantworten.
Vielleicht solltest du morgen Hugo, den alten Baum einmal fragen. Der alte Baummann ist
sehr weise und kann dir bestimmt Auskunft geben. Aber nun leg’ dich erst einmal in meinen
Blütenkelch und schlafe. Es ist schon wieder sehr spät und du brauchst deinen Schlaf.
Schau dich um, fast der ganze Wald schläft schon, nur du kleine Elfe willst wieder keine
Ruhe finden.“ Sophie die weiße Blüte wollte noch etwas sagen und dann ihren Blütenkelch
schließen, in dem Tinkerbell auf ihrem weichen Bett schlafen konnte, aber schon war die
kleine Elfe aufgesprungen, hüpfte von der Blüte herunter, auf den feuchten Waldboden und
rief: „Sophie, ich werde zu Martha, Eule gehen! Jetzt, gleich! Sie ist auch sehr klug und
vor allen Dingen ist sie jetzt noch wach. Du weißt doch – Eulen werden erst zur Nacht
richtig munter.
Ich will sie fragen, ob sie weiß, warum alle Elfen fliegen können, nur ich nicht.“
Um ihre Worte zu unterstreichen breitete sie ihre Flügel aus, ließ sie flattern, aber sie
stolperte nur ein paar Schritte vorwärts. „Siehst du – es geht einfach nicht! Ich will nun
endlich fliegen können!“ Die kleine Blume drehte den Kopf, schaute Tinkerbell hinterher,
doch die kleine Elfe war schon hinter der Wegbiegung im Dunkel des Waldes verschwunden.
Die kleine Elfe lief durch den Wald, kam hier und dort an Blumen vorbei, deren Blütenkelche
allesamt geschlossen waren. In ihnen schliefen die anderen Elfen – ihre Geschwister,
ihre Cousinen, ihre Freunde. Sie ging bei Hugo dem ältesten Baum des Waldes vorbei, aber auch
er hatte seine müden Lider schon geschlossen und schlief fest.
Auch kein Tier kam ihr entgegen – alle schliefen. Nur den Ruf der Eule Martha konnte sie nun
deutlich hören. Sie würde gleich da sein.
Und da sah sie die Eule auch schon. Oben aus den Zweigen eines Baumes leuchteten ihre großen
Augen hervor. Tinkerbell nahm all ihren Mut zusammen, denn sie wusste, dass die Eule in der
Nacht ihre Ruhe haben wollte. Schließlich war dies ihre Essenszeit.
„Hallo? Schönen guten Abend, Martha“ rief Tinkerbell zaghaft. Darf ich dich etwas fragen?
Es ist sehr wichtig und du bist so klug, du kannst mir sicher weiterhelfen.“
„Was ist? Musst du mich beim Essen stören? Und was willst du kleine Elfe überhaupt mitten
in der Nacht? Ich hatte dich schon kommen sehen. Solltest du um diese Zeit nicht längst
in deiner Blüten liegen und schlafen, so wie alle anderen Elfen auch?“ krächzte die Eule
in strengem Ton.
„Ich… ich bitte um Entschuldigung. Es ist so wichtig und eigentlich wollte ich Hugo
den alten Baum fragen, aber der schläft doch auch schon. Ich konnte einfach nicht bis morgen
warten. Liebe Eule ich muss endlich wissen, warum ich so anders bin. Warum ich nicht, wie alle
anderen Elfen fliegen kann. Kurt, der Schmetterling hat mir vom See erzählt und da würde ich
sooo gerne einmal hinfliegen. So wie alle Elfen. Ich möchte beim Sonnenaufgang mit ihnen
losziehen und in der Abenddämmerung dann wieder zurückkommen.
Kannst du mir sagen, warum ich nicht fliegen kann?“
Die Eule hatte der kleinen Tinkerbell nun doch aufmerksam zugehört,
aber Mitleid hatte sie keines.
„Geh nach Hause und überlege dir dabei selbst einmal, was dich von den anderen
Elfen unterscheidet! Ich kenne mich mit Elfen nicht aus. Wenn ich abends aufwache,
dann schlafen sie schon alle. Alle, außer dir. Und nun geh’ und lass mich in Ruhe essen.“
Tinkerbell merkte, dass es keinen Sinn hatte.
Die Eule wollte oder konnte ihr nicht weiterhelfen und so machte sie sich mit hängendem Kopf
auf den Rückweg zu ihrer Blume.
Sie sollte selbst einmal überlegen was sie von den anderen Elfen unterschied?
Tinkerbell wurde nachdenklich. Die anderen Elfen waren genauso alt wie sie.
Sie war genauso hübsch wie die anderen Elfen, sie hatte Flügel – genau wie alle Elfen,
und sie war neugierig, wie alle anderen Elfen, auch.
Der einzige Unterschied war, dass alle fliegen konnten – nur Tinkerbell nicht.
Auf ihrem Heimweg kam sie wieder bei Hugo, dem alten Baum vorbei, am Bau des kleinen
Hasen Jimmy vorbei, an geschlossenen Blütenkelchen – alle schliefen. Nur ab und zu
hörte sie von Fern, die Laute der Nachteule. Sophie, die kleine weiße Blume hatte
auch schon ihren Blütenkelch geschlossen und schlief. Tinkerbell drückte ganz vorsichtig
ihre Blütenblätter etwas auseinander und legte sich hinein, auf das weiche Kissen der Blüte,
warf einen letzten Blick hinaus, und bemerkte, dass es schon bald hell werden würde.
Dann zog sie die Blütenblätter sachte wieder zu um Sophie nicht zu wecken.
Sie würde schon bald mit den ersten Sonnenstrahlen die durch das Blätterdach
des Waldes blinzeln, wieder aufstehen. Tinkerbell musste sich nun also beeilen
um schnell noch ein wenig in Sophies schützenden Blütenkelch schlafen zu können.
Der Wald erwachte.
Die Bäume reckten und streckten ihre dicken Äste, und schüttelten ihre Zweige.
Die Nachteule machte ihre müden Augen zu, die Gräser wiegten sich im Wind,
die Tiere kamen aus ihren Nestern und Höhlen, die Blumen öffneten ihre Blütenkelche
und die Elfen hüpften ausgeschlafen und gut gelaunt auf die Blätter ihrer Blumen.
Mit dem Tau, der sich auf den Blättern ihrer Blumen gesammelt hatte, wuschen sie sich
und machten sich fröhlich auf, in einen neuen Tag.
Stunden später, als die Mittagssonne schon am Himmel stand, reckte und streckte
sich Tinkerbell auf ihrer Blüte. „Guten Morgen, Sophie“ sagte sie und gähnte müde.
Dann fiel ihr plötzlich ein, dass sie heute unbedingt mit Hugo, dem alten Baum reden wollte,
und schon war sie munter – stand auf, strich ihre Flügel und ihr Kleidchen glatt und hüpfte
auch schon von der Blüte. „Bis später, Sophie! Ich muss gleich zu Hugo!“ rief sie und lief
auch schon davon.
Unterwegs begegnete sie Jimmy, dem kleinen Hasen. „Hallo Tinkerbell. Wieder so ganz allein?
Wollen wir wieder ein Wettrennen machen?“ fragte er, aber Tinkerbell sagte nur:
“Keine Zeit, ich muss dringend zu Hugo, dem alten Baum. Vielleicht später.“
Sie traf Kurt, den Zitronenfalter, der ihr winkend zurief: Huhuuu Tinkerbell! Na wie ist es,
soll ich dir wieder vom Treiben am See erzählen?“
„Danke Kurt – keine Zeit. Ein anderes Mal vielleicht wieder. Ich muss schnellstens zu Hugo,
dem alten Baum“ antwortete sie ohne stehen zu bleiben.
Dann war sie endlich da.
Hugo hatte sie wohl kommen sehen und sah ihr schon entgegen. Sein dicker Rindenmund formte
sich zu einem Lächeln und seine Augen blickten freundlich.
„Hallo kleine Tinkerbell. Na Kindchen, was rennst du denn so aufgeregt durch den Wald?“
„Hugo, warum kann ich nicht fliegen?“ fragte Tinkerbell gerade heraus. „Alle Elfen können
fliegen nur ich nicht und ich würde doch so gerne mit ihnen zum See, in die warme Sonne fliegen.
Ein Mal möchte ich das Konzert der Frösche miterleben, ein Mal in der Sonne baden.
Verstehe mich bitte nicht falsch. Es ist schön hier, im Zauberwald und ich habe den ganzen
Tag Beschäftigung. Ich liebe den Zauberwald und kenne jeden Baum, jeden Strauch und jedes Tier.
Mir entgeht nichts und ich weiß alles. Aber ich bin eine Elfe und mein größter Wunsch ist es,
so wie die anderen Elfen fliegen zu können.
Schau nur, ich habe wunderschöne Flügel, aber ich kann einfach nicht fliegen. Warum nicht?
Kannst du mir sagen, warum ich nicht fliegen kann?“
Tinkerbell war nun wieder sichtlich traurig geworden und Hugo nahm sie tröstend mit einem
seiner Zweige in den Arm.
„Ach Tinkerbell, du kleines, aufgewecktes Elfenmädchen.
Kannst du dir denn wirklich nicht denken, warum du nicht fliegen kannst?
Nun gut – ich will es dir sagen“ mit diesen Worten entließ er die kleine Elfe
aus seinen Armen, hob sanft ihr Kinn an, so dass sie ihm in die Augen sehen musste.
Dann sagte er mit liebevoller und wichtig klingender Stimme:
„Kleine Tinkerbell, dir fehlt Schlaf.
Du schläfst zu wenig, mein Kind und darum fehlt dir die Kraft zum Fliegen.
Schau die anderen Elfen. Sie legen sich abends zeitig in ihre Blütenkelche
und schlafen die ganze Nacht einen erholsamen Schlaf, während du immer noch
im Wald herum springst. Immer hast du Angst, etwas zu versäumen. Du schläfst
erst ein, wenn die anderen schon bald wieder aufstehen.
Du stehst auf, wenn der frische Morgentau längst verdunstet ist und kannst dich
daran dann nicht laben. Du kennst den ganzen Zauberwald, ja.
Das ist richtig, aber du versäumst dabei dein schönstes Elfenleben.
Hör was ich dir sage - Geh heute Abend mit den anderen Elfen in deinen Blütenkelch.
Schlafe zeitig und stehe mit den Elfen wieder auf. Trinke vom Morgentau und bade darin
und du wirst sehen… bald kannst du mit den anderen Elfen zum See fliegen, in der Sonne
sitzen und bevor du abends zurück in den Zauberwlad kommst, wirst du auch noch dem
Konzert der Frösche lauschen können.
Du musst mehr schlafen, mein Kind.
Schlaf’ mein Kind, schlaf’
und schlafe bis zum Morgentau
und die Nacht wird deine Flügel streifen
und der Schlaf, er bringt dir neue Kraft
und bald schon wirst du dann begreifen
was man mit dieser Kraft alles schafft
Schlaf’ mein Kind, schlaf’
schlafe bis zum MorgentauUnd nun geh und vergiß meine Worte nicht. Tanke die Kraft, die nur
der nächtliche Schlaf dir bringen kann“
Und Tinkerbell drehte sich wortlos um und ging. Sie war im Zauber
dieser Worte gefangen und wollte nur noch zu ihrer Sophie. Sie erzählte
ihrer Blume, was Hugo, der alte Baum ihr gesagt hatte und plötzlich
wurde sie müde und wollte nur noch schlafen. Die anderen Elfen kehrten gerade
von ihrem Tagesausflug zurück und legten sich ebenfalls in ihre Blütenkelche.
Morgen würde ein neuer Tag beginnen und für Tinkerbell sollte es ein
ganz besonderer Tag werden. Der schönste Tag in ihrem Leben.
Und fortan hörte Tinkerbell jeden Abend Hugo den alten Baum, ihr Schlaflied singen:
Schlaf’ mein Kind, schlaf’
und schlafe bis zum Morgentau
und die Nacht wird deine Flügel streifen
und der Schlaf, er bringt dir neue Kraft
und bald schon wirst du dann begreifen
was man mit dieser Kraft alles schafft
Schlaf’ mein Kind, schlaf’
schlafe bis zum MorgentauUnd fortan hatte Tinkerbell die Kraft zum Fliegen und verbrachte ihre Tage
wie alle kleinen Elfchen, glücklich und zufrieden in der Sonne und am See
oder wo immer sie wollte.

Die Bilder hat unser Forenmitglied Dieter Igo dazu gemalt

© Birgit Lüers.
Bilder © Dieter Igo Kamensek