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Dieses Thema hat 8 Antworten
und wurde 436 mal aufgerufen
 Anette
Anette ( gelöscht )
Beiträge:

10.03.2007 15:09
Adel verpflichtet Antworten
Das Schloss liegt im Schlummer, in schwärzester Nacht,
doch wird in der Küche ein Feuer entfacht.
Den Kessel mit Wasser zum Sieden man setzt
und schleunigst den Stallknecht zur Hebamme hetzt.

Vom Fenster der Gräfin, oh siehst du es nicht,
dass, schwach nur, ein Lichtstrahl das Dunkel durchbricht?
Die schweren Gardinen aus blauem Brokat
decken sich schweigend über Verrat.

Die Gräfin liegt stöhnend auf seidigem Tuch.
Ihr Mann ist verreist, auf ihn wartet Fluch.
Sie windet und krümmt sich im Wehenschmerz,
erwartet nun bangend das Kind unter’m Herz.

Doch ist das Geschehen voll Freude und Leid,
betrogen der Graf, er weiß nicht Bescheid.
Untreu die Dame von ad’lig Geschlecht,
sie gab sich einst hin dem feurigen Knecht.

Schon fährt die Kutsch’ mit der Amme durch’s Tor,
nebst Stallknecht und edlen Pferden davor.
Indess’, unter Wehen, die Gräfin sich bäumt,
hat man in Eile den Tisch frei geräumt.

„Windeln und Decke legt schnell sie bereit,
das Kind wird bald kommen, es bleibt nicht viel Zeit.“
Hebamme, Knecht und die treusorgend’ Magd
blicken sich an, keiner was sagt.

Plötzlich ertönt in dem Zimmer ein Schrei,
dann leises Gewimmer – nun ist es vorbei.
Man schaut auf den Knaben von dunklem Gesicht.
Rache des Schicksals, verfluche ihn nicht!

Die Gräfin liegt schluchzend, das Kind in dem Arm.
„Allmächtiger Himmel, erbarm’ dich, erbarm’!“
Die Menschen erstarren, der Schreck sie nun lähmt.
Das Herz einer Mutter sich ängstigend grämt.

Sie sinkt vor Erschöpfung in ruhlosen Schlaf..
Was wird er wohl sagen, der nichts ahnende Graf?
Von baldiger Rückkehr man sorgenvoll spricht.
Wie soll man’s erklären? Man weiß es noch nicht.

Es wird leis’ geflüstert, gesucht einen Rat.
Die Amme ist’s die eine Lösung jetzt hat…

Später sieht reiten den Knecht man vom Schloss,
er hält es ganz fest, das Bündel im Schoß.
Mit fliegendem Mantel jagt er durch die Nacht,
als wär’ hinter ihm der Teufel erwacht.

Am anderen Morgen, die Sonne scheint hell,
verlangt nach dem Knaben die Mutter sehrschnell.
Da dringt zu ihr Jammern und Klagen der Magd.
Sie weiß nicht weshalb, den Grund sie erfragt.

Sie blickt in die Wiege, ihr Herz bricht entzwei.
Von Kummer und Schmerz erstickt wird ihr Schrei.
Die Beine tragen den Körper nicht mehr.
„ Oh, seht nur, die Wiege - die Wiege ist leer!“

Die Mutter voll Trauer, Verzweiflung und Not,
man ließ sie im Glauben ihr Kind wäre tot.

Weitab vom Schloss wuchs der Knabe heran.
Die Gräfin, getrieben von düsterem Bann,
schlich durch das Schloss in mondleerer Nacht
und hat sich, im Wahnsinn, selbst umgebracht
hinrich* Offline

Hausfreund/in



Beiträge: 803

10.03.2007 15:50
#2 RE: Adel verpflichtet Antworten


Liebe Anette,

Du hast hier eine Ballade mit einem
hinreißenden Rhythmus ins Gedichtehaus
gestellt, wie sie einst jene andere
Anette mit ihrem "Knaben im Moor"
erdacht und für uns niedergeschrieben
hat - einfach klasse !

Dein Gedicht hat sicherlich nicht nur
historischen Hintergrund - ich vermute,
daß sich auch heute noch solche Dramen
in mancher Familie abspielen - vielleicht
nicht mit derartig tragischem Ausgang.
Es vermittelt den Eindruck, als habest
Du diese Geschichte unmittelbar erlebt.

Ich habe dieses Meisterwerk mit Spannung
gelesen - gefällt mir sehr gut.

Liebe Grüße
und ein sonniges Wochenende

Hinrich
whp

Anette ( gelöscht )
Beiträge:

11.03.2007 15:55
#3 RE: Adel verpflichtet Antworten

"leider" alles erfunden, lieber Hinrich

silent Offline


Profi


Beiträge: 351

11.03.2007 22:09
#4 RE: Adel verpflichtet Antworten

Warum "leider" liebe Anette,
ich würde sagen... glücklicherweise - Sonst hätten wirs ja nicht lesen können!
Und das war's wirklich wert!

Herzlichst
silent


Wirklich reich ist
wer mehr Träume in seiner Seele hat
als die Realität zerstören kann

Stefanie Offline

Treue Seele



Beiträge: 1.347

12.03.2007 14:01
#5 RE: Adel verpflichtet Antworten

Ich liebe diese gereimten Geschichten von Dir, liebe Anette.
Es erinnert an die alten Geschichten-Gedichte der großen Meister/innen.
Sehr einfallsreich, toll gereimt und mit viel Gefühl.
Jede Zeile ein Genuss!




Die Poesie heilt die Wunden, die der Verstand schlägt
Novalis

Wicht Offline


Treue Seele



Beiträge: 1.533

13.03.2007 00:16
#6 RE: Adel verpflichtet Antworten

Hallo liebe Anette!!
Dein Gedicht hat mir gut gefallen,entführte in eine andere Zeit!!
Kann mich da den Anderen nur anschließen,deine große Gabe der Reimkunst fantastisch umgesetzt!!

LG
Frank

Lyla Offline

Hausfreund/in



Beiträge: 435

13.03.2007 08:13
#7 RE: Adel verpflichtet Antworten

ich bin platt,liebe Anette, un d schreibe nur klasse,Lydia

karl-heinz fricke Offline

Hausfreund/in



Beiträge: 655

15.03.2007 23:06
#8 RE: Adel verpflichtet Antworten

Liebe Anette,
Ein großes Gedicht aus deiner leichten schöpferischen Hand. Gratuliere.

harriebald Offline


Hausfreund/in



Beiträge: 428

19.03.2007 01:37
#9 RE: Adel verpflichtet Antworten

Ach Anette, warum diese herrliche Ballade ohne Happyend. Ich hätte den Graf als tolerant gemalt. Nicht jeder Adlige kommt aus Hannover und ist burnoutet, hab lange nach einem Wort gesucht, das eine Beleidigungsklage verhindert, Hartmut. Für die Ballade

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