Ein Spätsommernachmittag, ich war in der Stadt. Nach ein paar Stunden hatt’ ich den Lärm dort satt. Ich ging Richtung Altstadt, es war nicht sehr weit. Mein Bus fuhr noch nicht, ich hatte viel Zeit. Links und rechts sah ich winzige Gassen mit uralten Pflastern noch auf den Straßen. Durch diese Wege, die kleinen, engen, kann kein Auto sich mehr zwängen. Die Häuser sind dicht aneinander gebaut, mit ganz kleinen Fenstern, aus denen man schaut. Ein romantischer Platz ,gleich hinter dem Tor, verborgen durch eine Linde davor, mit einem Brunnen, der klares Wasser noch hat. Man spürt hier nichts von der Hektik der Stadt. Alles ist friedlich, sauber und stille, mit Blumenkübeln in Hülle und Fülle. Ich war sehr beeindruckt und ruhte mich aus auf einer uralten Bank, vor einem Haus. Nach einer Weile, so kam es mir vor, vernahm eine Stimme ich an meinem Ohr. Ich schaute mich um und konnt’s nicht versteh’n, es war nirgendwo irgend jemand zu sehn.
„Ich bin's, die alte Bank unter dir“, sprach hier die leise Stimme zu mir. „Vor fast 60 Jahren“, sagte sie stolz, „baute man mich aus Tannenholz. Auf meinem Rücken haben viele gesessen, keinen davon habe ich jemals vergessen. Ich kenne auch all ihre kleinen Geschichten, des Großvaters, Kinder, der Enkel und Nichten, hab immer geschwiegen, nur zugehört und keinen von ihnen jemals gestört.“
Ich lehnte mich nun verwundert zurück, das Holz der Bank knackte, das alte Stück. „Schau ruhig hin“, erzählte sie mir, „überall Risse und morsch steh ich hier an dieser Stelle, nun Tag und Nacht. Das Wetter hat arg mir zu schaffen gemacht. Früher - ja - es liegt schon sehr weit, bekam ich regelmäßig ein neues Kleid. So alle zwei Jahre zirka war’s dann, strich man mich mit neuer Farbe noch an. Mal war ich braun, auch mal rot und mal weiß, und beim emsigen Streichen lief manchem der Schweiß. Seit vier Jahren bin ich, du siehst es genau, das allererste mal dunkelblau. „Doch“, seufzte sie leise, „es soll bald gescheh’n, nächstes Jahr werde ich nicht mehr hier steh’n. Meine Pflicht sei getan, hat man schon gesagt, doch haben sie mich dazu gar nicht befragt.“ Ihre Stimme wurd’ leiser und plötzlich ganz schwer: „Eine Neue aus Kunststoff soll nun hierher.“
Ich spürte kein’ Lufthauch, keine Fliege, die summte, als die uralte Bank dann plötzlich verstummte. Rasch stand ich auf, ich musste nun geh’n und murmelte leise: „Auf Wiederseh’n.“ Nach ein paar Schritten dreht’ ich mich stumm noch einmal zur alten Bank hin um. Ich winkte verstohlen mit traurigem Blick, und mir war’s, als winkte sie mir zurück.
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