Mein großer Bruder ging schon 4 Jahre lang zur Schule, als auch ich endlich eingeschult wurde. Die vier Jahre vorher nervte ich ihn unwahrscheinlich. Ich wollte unbedingt lesen, schreiben und rechnen lernen und er sollte mir alles erklären. Der arme Kerl war natürlich nicht nur überfordert sondern auch total entnervt, denn ich ließ nicht locker und fragte ihm ein Loch in den Bauch.
Doch Peter hatte ein gutes Konzept gegen mich entwickelt. Er tat so als ob er mir was erklären würde und natürlich erklärte er es so, dass es nicht klappen konnte und ich mal wieder die Angeschmierte war.
So erzählte er mir eines Tages, als ich gerade mit der vollen Milchkanne vom Einkaufen kam, dass er in der Schule gelernt hätte wie Milch nicht aus der Kanne läuft, obwohl man die Kanne auf den Kopf stellt. Ich glaubte natürlich nichts davon, das sollte er mir erst mal vormachen. Und tatsächlich, Peter nahm mir die Kanne aus der Hand, fing an sich schnell auf der Stelle im Kreis zu drehen und hielt dabei die Kanne über Kopf. Unsere alte Kanne hatte natürlich keinen Deckel, der war schon vor Jahren abhanden gekommen, also konnte ich sehen, wie die Milch, wie von Zauberkräften, an den Boden der Kanne gedrückt wurde. Das wollte ich natürlich sofort versuchen.
Ich nahm ihm also die volle 2liter Milchkanne ab und fing an, wie zuvor er, mich so schnell ich konnte im Kreis zu drehen. Kaum hatte ich ein für mich beachtliches Tempo drauf, versuchte ich die Kanne nach oben zu drücken. Doch schon auf halbem Wege hatte die Kanne ein derart hohes Gewicht erreicht, dass sich meine Hand von alleine öffnete und, zu meinem aber auch zu Peters Entsetzen, in einem irren Tempo und mit viel Geräusch in die große Schaufensterscheibe von Schülkes Kramladen krachte. Drinnen, hinter der Scheibe, waren Kisten mit Obst und Gemüse gestapelt, diese durchschlug meine Kanne ohne viel Aufwand und Äpfel, Birnen, Bananen sowie Kohlköpfe, Tomaten und Sellerie flogen den Kunden drinnen um die Ohren.
Totenstille!
Dann ertönte von innen ein schreckliches Gekeife und Geschrei. Herr und Frau Schülke sowie einige Kundinnen kamen auf die Straße gerannt, um den Übeltäter zu ergreifen. Doch Peter und ich waren, flitz, um die Ecke in den Fritz-Neubers-Weg gejagt und hatten uns in Windeseile aus dem Staub gemacht. So schnell wir konnten hasteten wir die vier Stockwerke in unsere Wohnung und taten so als wären wir nicht da, öffneten auf kein Dauergeklingel an der Hausschelle und spielten unsichtbare Mäuschen.
Natürlich gab es ein schreckliches Ende als unsere Mutter nach Hause kam, aber davon möchte ich lieber nicht berichten.
Einige Wochen später, das Experiment war mir einfach nicht aus dem Kopf gegangen, probierte ich mit anderen Lebensmitteln aus, wie schnell die Erde solche anzieht.
Unter anderem war da ein Topf mit Senf, damals wurde der Senf noch lose gekauft, der sich bei Kuddel und Tante Hinsch im Treppenhaus über mehrere Stockwerke verteilte. Wohnungsschlüssel, die eigentlich sicher um meinen Hals verwahrt werden sollten sowie mit Wasser gefüllte Luftballons, die ziemlich schnell wurden, als sie aus dem 4. Stock auf die Straße klatschten.
Dieses Treiben nahm erst ein Ende als ich es Leid war, immer mit verjackeltem Hosenboden durch die Gegend zu rennen.
Oh wie goldig..... deine Geschichte.... erinnere mich daran das ich das auch mal ausprobiert habe ....und zwar wie kann es anders sein auch mit einer Milchkanne. wir wohnten ja damls auf einem Bauernhof und unser Vermieter war zugleich der Milchmann im Ort. Also musste ich immer mittags die Milch nachoben holen. Mir wurde das auf die gleiche Art und Weise gezeigt wie dir,liebe Helga von dem großen Sohn unseres Vermieters. Ich hab es auf dem Hof ausprobiert und Milch und Kanne landeten in unserem Sandkasten...zur Freude der Hofkatzen.
helga,ein herrliche geschichte oder "streiche der kleinen helga" schön,dass du sie uns erzählst,danke. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Es gehört oft mehr Mut dazu,seine Meinung zu ändern,als ihr treu zu bleiben.
ähem, also, man sagt mir ja nach, als Kind sei an mir ein Junge verloren gegange, hihi. Aber sowas, im Nachhinein Lustiges, hab ich dann doch noch nicht angestellt. Wie ist denn die Sache mit der Schaufensterscheibe ausgegangen? Seid ihr denn noch erwischt worden? Helga die Gemüseplätterin Eine wunderschöne Kindheitserinnerung! Hab mich sehr amüsiert!
Lach Steffi, also es gab viel, viel Haue und zum Glück war die Nachbarin unter uns so nett und bot meiner Mutter an die Schuld ihrem Sohn zu geben, denn meine Mutter war natürlich nicht versichert, diese Nachbarin hatte aber ihren Sohn, der wirklich nie etwas anstellte, versichert. Der Kaufmann Schülke war damit einverstanden und so wurde die Versicherung dann belastet.....
Liebe Helga, schön, daß wir im Nachhinein an deinen Kindertagen, mißglückten Versuchen von Klein-Helga, teilhaben dürfen. Das hast du wieder so schön mit Worten verkleidet, daß man gar nicht genug davon bekommen kann mehr von dir zu erfahren.... Liebe Abendgrüße von Karin Lissi