Langsam tauche ich aus meinem Traum. Vorsicht, denke ich, nicht bewegen, sonst merkt er dass ich wach bin und will sofort schmusen. Doch es ist schon zu spät. Er scheint besondere Sensoren zu haben, denn jeden Morgen ist es das gleiche, ich erwache und schon fängt er an mich zu küssen. Am rechten Arm gehts los, Kuß - langsam hoch bis zum Ellenbogen – Kuß – Am Ellenbogen wird herumge- knabbert. Ich knurre, muß aber schon lachen, denn es kitzelt. Als ich mich recke, ein Bein unter der Bettdecke hervor schiebe, stürzt er sich darauf und fängt an, langsam vom Fuß – Kuß – immer höher – Kuß – bis zum Knie daran herumzu- knutschen.
"Ok, ich stehe auf“, sage ich, "du hast gewonnen“, springe dabei aus dem Bett und mache meinen üblichen Morgengang. Er hinter mir her, schaut genervt drein als ich im Bad versuche die Verfallserscheinungen zu kaschieren. Er liebt mich eben so wie ich bin, ihm ist es egal wie ich aussehe. Auch mag er kein Parfum an mir, keine duftenden Cremes oder Wässerchen.
Endlich bin ich soweit und gehe in die Küche. Dort sitzt er schon wartend auf sei- nem Stuhl. Das Ritual kann beginnen. Jeden morgen läuft es nach dem selben Muster ab. Kaffee in die Tüte, Wasserkessel summt schon, Toast in den Toaster, Tisch decken. Er sitzt still und stumm da und schaut mir zu. Ich rede mit ihm. Erzähle, was ich heute so vor habe und wie lieb ich ihn habe. Er quittiert es mit Schlafzimmerblick. "Nun gut, er ist wie er ist," denke ich und fahre mit dem Gequatsche fort.
Wenn ich ihm den Rücken zudrehe sehe ich im Augenwinkel, wie er schnell von seinem auf meinen Stuhl wechselt. Ich drehe mich um, schaue ihn an, doch er schaut harmlos zurück, kein Grinsen, kein Lächeln, alles normal. So allmählich dauert ihm das alles zu lange, er möchte endlich frühstücken, gibt einen schmatzenden Laut von sich. "Das soll wohl ein Ausdruck von genervt sein," denke ich, reagiere aber nicht darauf.
Während der Kaffee durch den Filter läuft, kraule ich ihm den Nacken. Er verdreht verzückt den Kopf, sagt aber nichts. Eigentlich möchte er nur endlich frühstücken.
Endlich bin ich fertig. Er sitzt natürlich mal wieder auf meinem Stuhl. Mit einer Handbewegung bedeute ich ihm, sich nun auf seinen Platz zu setzen. Er murrt leise, steht aber auf und huscht auf seinen Stuhl.
Der Toast ist noch heiß, also fange ich an seine Wurst zurecht zu schneiden. Sein Hals wird lang und länger. "Nimm den Kopf vom Tisch! Was sind denn das für Manieren?" schimpfe ich. Sofort und ohne einen Mucks gehorcht er.
Endlich geht es los. Ich nehme ein kleines Stückchen Wurst und halte es in die Höhe. Seine Augen weiten sich und sein Hals ruckt ein kleines bißchen vor. Ich halte es ihm vor den Mund und er öffnet ihn einen kleinen Spalt, gerade so weit, dass es hinein gleitet. Laut schmatzend vertilgt er es. Dann gönne ich mir selber einen Happen Toast und einen Schluck Kaffee. Er schaut schon wieder gierig. So bekommt er sein nächstes Stück Wurst und im Wechsel geht es so weiter, bis wir alles aufgegessen haben.
Ich kraule ihm nun sein Köpfchen und er fängt laut an zu schnurren. Das liebe ich. So zeigt er mir wie lieb er mich hat und wie schön unser gemeinsames Frühstück ist.
jo Camaela, ich bin mir ganz sicher. Außerdem hätte Garfield mir schon längst den ganzen Tisch leergeräumt. Und Willi wartet echt brav bis ich mich hinsetze und die Milch in den Kaffee getan habe. Allerdings dann wird er schon etwas fordernder. Schön, dass dir die Geschichte gefallen hat, die mußte doch einfach mal erzählt werden.
liebe helga,es besteht offensichtlich eine tiefgehende liebe zwischen euch. das frühstücksritual ist ein herrlicher tagesanfang und beflügelt willi ebenso wie dich... da ich eher der hundefan bin und ritula nachvollziehen kann,soll es aber nicht mein verständnis für euer ritual,schmälern ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Es gehört oft mehr Mut dazu,seine Meinung zu ändern,als ihr treu zu bleiben.
Hehehehehe, liebe Helga, das ist ja herzallerliebst! Unsere Katze Morle steht immer am Kopfende des Bettes, etwa 2 cm vom Gesicht weg, und hypnotisiert einen. Wenn man dann die Augen aufmacht hat man sofort den dicken Katzenkopf vor der Nase und erschreckt sich furchtbar. Und dann geht das Gemaunze los, bis man aufsteht. Herrlich, Deine Geschichte. Ein schönes Ritual. Hat mir wieder richtig Spaß gemacht zu lesen!
Sieka, ja ich gestehe, er ist meine große und einzige Liebe. Ist ja auch kein anderer da. Aber ganz ehrlich, Hunde mag ich auch sehr gerne, aber Willi würde sie zum Abendbrot fressen, also kommt mir keiner ins Haus, denn er würde sicher viel zu dick werden.
Steffi das macht der Willi zum Glück nicht. Er gibt ja keinen Laut von sich wenn er mich wachküßt, grien. Und auch am Frühstückstisch sitzt er echt brav, schaut mir bei meinen Vorbereitungen zu und legt erst los, wenn ich die Milch in den Kaffee getan habe. Er ist wirklich ein seltsames Katzentier. Ich hatte schon einige, aber sowas habe ich echt noch nie erlebt.
Liebe Helga, ach, ist das eine bezaubernde Kurzgeschichte, ich vermutete gleich, daß da ein Kätzi oder Hund dahinter steckt, war aber zunächst wirklich spannend zu lesen, sowie amüsant. Aus jeder Zeile lugt wahre Tierliebe, so wie ich sie mag, dafür gibt es einen extra . Tiere sind durch nichts zu ersetzen, ich hatt einen Hund und später eine Katze, beide Tiere bereicherten mein Leben und ich vermisse sie sehr, aber sie schicken mir ein paar Mal im Jahr schöne Träume. Ich sende dir viele liche Grüße, Karin Lissi
Danke dir liebe Karin Lissi, ich hatte schon einige Katzen, Hamster, Wellensittiche, grien. Aber so einen, wie Willi hatte ich echt noch nie. Er schmust nur ganz selten, morgens wie beschrieben, aber sonst fast nie. Auch darf ich ihn nicht auf den Arm nehmen, auf keine Art, grien. Er sitzt nie auf meinem Schoß oder streicht mir um die Beine und noch nie mußte ich mit ihm schimpfen. Laut werden meinerseits kennt er gar nicht. Wenn mir was nicht paßt, dann sage ich es ihm so als würde ich über's Wetter sprechen und schon versteht er es und geht lieb vom Tisch, allerdings nicht ohne das letzte Wort zu haben, denn er diskutiert liebend gern. Ok, wenns weiter nichts ist......
Danke fürs lesen und den lieben Kommentar liebe Grüße in deinen Abend, Helga
Hast Du meinen Lacher gehört, Helga? Herrlich, Deine Geschichte zu lesen! Den Spannungsbogen hast Du prima gezogen. Erst waren meine Gefühle der blanke Neid (so geweckt zu werden!), dann kamen die Fragezeichen - und danach die Erlösung, die sich in einem herzlichen Lachen entlud. Da guckte gleich mein lieber Mann um die Ecke, fragte "Ist was?" Grüß Deinen Willi schön und sag ihm, bei uns lebt Katze Luise, die wohl gern mit ihm spielen würde.
Einen schönen Miau-Gruß von Willi an Luise, soll ich ausrichten und Babs, danke dir für den herrlichen Kommentar, ich freue mich immer, wenn ich Leute überraschen und erfreuen kann.