Eine persönliche Trauergeschichte, die schon sehr lange zurück liegt.
Es ereignete sich in Königsberg im Sommer 1941, da spielten meine ältere Schwester (6) und ich (4) ausgelassen im nahe gelegenen Park und erfreuten uns an einem Meer bunter Wiesenblumen.
Irgendwo entdeckten wir neugierigen Kinder einen Strauch mit wunderbar dunkelrot leuchtenden „Kirschen“. Wir pflückten einige Früchte und aßen sie mit großem Appetit. Die schönen roten Beeren schmeckten offenbar so gut, daß wir nicht aufhören wollten – bis uns schließlich furchtbar übel wurde.
Ein größeres Nachbarmädchen, das auf uns aufpassen sollte aber vermutlich etwas anderes im Sinn hatte, bemerkte schließlich, daß irgendetwas mit uns nicht stimmte. Sie lief dann rasch mit ihren Schützlingen nach Hause.
Zwischenzeitlich hatte sich unser Zustand rapide verschlechtert. Unsere Mutter versuchte die Ursache für unsere Übelkeit herauszufinden, wusste sich dann nicht anders zu helfen, als die Hausärztin zur Hilfe zu rufen.
Das Nachbarmädchen wurde nochmals eindringlich befragt, ob wir Kinder etwas unbekömmliches gegessen haben könnten. – Schließlich stellte sich dann heraus, daß wir Tollkirschen gegessen hatten. – Wir waren, wie später erzählt wurde, blau angelaufen und müssen vor schmerzen herzzerreißend geweint haben. Uns wurde mittels eines schrecklichen Apparates der Magen ausgepumpt. Und zur Beruhigung sollten wir dann anschließend eine krampflösende Spritze bekommen.
Meiner Schwester verabreichte die „gute Frau Doktor“ besagte Spritze, worauf das kleine Herzchen aufhörte zu schlagen. Unsere Mutter verhinderte daraufhin, daß mir ebenso eine „Beruhigungsspritze“ gegeben wurde. Und so schreibe ich heute diese traurige Geschichte, die bisher immer nur mündlich vermittelt worden ist.
Wir besuchten dann in Königsberg das kleine Grab „jeden Tag!“ bis uns der Ausgang des Krieges zur Flucht in den Westen trieb. ---- Das Grab gibt es nicht mehr. ---- Wenn wir am Abend bei klarem Himmel zu den Sternen sahen, sagte unsere Mutter: „Seht mal – einer dieser Sterne dort oben am Firmament ist unsere Karin“ ---- Das war noch viele, viele Jahre so ………
Danke für Dein Mitgefühl, liebe Biggi - auch wenn es schon so lange her ist, ich sehe die Bilder nach über 60 Jahren immer noch vor mir, wenn auch manches dieser Zeit nur sehr verschwommen ist. Gelegentlich schicke ich mal eine andere kurze Geschichte aus dieser Zeit. Gruß Hinrich
Hallo lieber Hinrich!! Ich habe soeben deine Geschichte gelesen und auch mir ist eine Gänsehaut über den Rücken gelaufen und eine kleine Träne stahl sich aus meinem Augwinkel,welch schreckliches Erlebnis !! Vor einigen Tagen wurde bei uns im Kulturhaus:"Hallo Mister Gott ,hier spricht Anna "aufgeführt,war fantastisch gespielt,habe das Buch im Alter von 15 Jahren gelesen,es ist eines meiner Lieblingsbücher.Die Hauptaussage ist in dem Buch:Das wenn jemand stirbt ein Teil von ihm immer in uns weiterleben wird wir, ihn dadurch nie verlieren!!deine Geschichte hat mich daran erinnert ,und diese Botschaft der kleinen Anna möchte ich Dir nun zum Trost weiterreichen!! Liebe Grüße Frank
lieb von Dir, daß Du dich damit beschäftigt hast. Die Geschichte "Hallo Mister Gott ,hier spricht Anna " habe ich meinen Enkelkindern vorgelesen; sehr einfühlsam geschrieben. Damit kann man insbesondere kleine Kinder an derartige Themen heranführen - ja, auch wenn Oma und Opa mal auf die "große Reise" gehen.
Wenn es Dich interessiert, dann schau doch mal bei mir rein. Ich bin ja noch nicht lange auf dieser tollen WEB-Seite und habe erst wenige Gedichte eingestellt - würde mich freuen.
Lieber Hinrich, Eine schreckliche Begebenheit aus deinem Leben Hinrich! Ich kann mir gut vorstellen, wie du damals gelitten hast, weiß ich doch von mir selber wie sehr die eigenen Geschwister geliebt werden. Das Ende ließ mir die Tränen in die Augen schießen, so ergreifend auf das kleine Gedicht. Wie Frank schon meinte, die Menschen leben dadurch, dass sie in unserem Herzen sind und wir immer mal wieder an sie denken. Dass Karin nun ein kleiner Stern im Himmel ist, finde ich ganz besonders reizend. Eine schöne Vorstellung. Ich bin gespannt auf hoffentlich noch einige deiner Geschichten. Liebe Grüße Helga
Camaela
(
Gast
)
Beiträge:
04.01.2007 10:15
#7 RE: Schmerzliche Trauer - Trost am Sternenhimmel
Ihr habt so rührend Anteil, an dieser - meiner Kindheitserinnerung, daß ich kaum Worte finde. Ihr seid doch wirkliche Freunde.
Es bleiben in der Erinnerung viele traurige Erlebnisse, doch - dem Himmel sei's gedankt - bleiben überwiegend die heiteren Begebenheiten im Gedächtnis, tragen einen wie auf Engelsflügeln durch's Leben.
Lieber Hinrich, eine tragische und entsetzliche Erfahrung die Du gemacht hast. Mit 4 Jahren ist das Erinnerungsvermögen schon da. Auch ich würde wahrscheinlich mein Leben lang daran denken. Früher habe ich auch oft zum Himmel geguckt und mir gesagt: "Schau mal,der hellste Stern am Himmel ist deiner."
Was man nicht aufgibt,hat man nie verloren (Friedrich Schiller)
Durch solche Erlebnisse merkt man,erst, wie aktuell das Thema Tod eigentlich für einen ist...auch ich kann schon Sachen darüber erzählen, aber gerade deine assoziation mit dem Sternenhimmel hat mich gerührt...danke, dass ich dieses erlebnis mit dir teilen durfte
es rührt mich, dass Du Dich mit solchen Themen auseinandersetzt und meinen kleinen Bericht gelesen hast - danke für Deine Anteilnahme.
Über das, was Menschen mit dem Sternenhimmel, besser gesagt mit einzelnen Sternen verbindet, wurde schon viel geschrieben - vor allem in Gedichten über Geburt, Liebe (Leben) und Tod. Und so wirst Du auch hier im Garten der Poesie etliche solcher Texte Finden.
Trauer ist ein Teil, vielleicht sogar ein wichtiger, in unserem Leben. Das manche schon früh damit Bekanntschaft machen müssen, ist sehr unerfreulich, besonders für die betreffende Person. Auch wenn es eine traurige Geschichte war, so liest man doch die ganze Liebe heraus, die du für deine Schwester empfandest und wohl immer noch empfindest.