Oh stumpfsinniges Schulsystem, wo sind Deine Helden?
Wo sind die Lehrer, die ein Kind als Individuum betrachten?
Wo sind die Helden, die Interesse wecken, Werte vermitteln abseits vom Lehrplan?
Fast würde ich behaupten, es gibt sie nicht.
Wäre da nicht die berühmte Gleichung mit zwei Unbekannten.
Ich erinnere mich gerne an zwei "Besonderheiten", die mich vor langer Zeit auf meinem
Lebensweg begleitet haben.
Da war zum einen mein Englischlehrer. Ein Schotte, wie er im Buche steht. Knorrig
und brummelig aber mit einem Herzen so groß und so tief wie der Loch Ness.
Eine sechs in Mitarbeit - bei ihm undenkbar. Hatte jemand seine Hausaufgaben nicht gemacht,
mußte er 2 DM in die Klassenkasse zahlen (man, das war ne Menge Geld für uns).
War also jemand faul, profitierte die Gemeinschaft davon, und nicht umgekehrt - was
für ein Gleichnis!
Unnötig zu sagen, daß die Hausaufgaben meistens gemacht waren.
War die Klasse fleissig, wurde sie belohnt. Statt Unterricht wurde Samstags
die Gitarre ausgepackt. Liedtexte, meistens Folk-Songs, wurden gelesen, übersetzt,
diskutiert und anschließend gesungen. Was für eine Freude im tristen Schul-Dasein.
Und lehrreich dazu. Hab ich doch in Musik nie aufgepasst und bis heute keine Noten
gelernt. Doch dank meines Englischlehrers weiß ich, wie schön eine Gitarre klingt
und wieviel Freude Musik machen kann. Vorallem, wenn man dazu noch einen Bezug
zu dem Sänger und dem Land, aus dem er kam, herstellen kann. So blieb Englisch
immer eine Herausforderung für mich.
Dann hatte ich noch einen wundervollen Deutschlehrer. Plötzlich musste ich Gedichte
nicht mehr blos auswendig lernen, nein, auf einmal ging es um Inhalt, Gefühle,
Verstehen, Epochen und nicht zu vergessen um den Dichter selbst.
Ein Wunder geschah! Freute ich mich doch auf diese Stunden, denn hier hieß es nicht:
"Das ist so! Lern es!", sondern "Was empfindest Du? Wie siehst Du das?".
Hoppla - meine Meinung war gefragt. Und wie gerne hab ich diese kund getan.
Für die zwölfseitige Interpretation von Rilke´s "Der Panther" muß ich mich
wohl noch entschuldigen, hab ich meinem Lehrer doch damit ne mordsmäßige Arbeit aufgebrummt.
Ja, diese beiden waren wirkliche Perlen auf meinem schulischen Weg, und bis heute denke ich
gerne daran zurück.
Ich hab zwar nicht die eierlegende Wollmilchsau erfunden, aber Englisch spreche ich noch immer.
Ich liebe fremde Länder und genieße Musik durch "zuhören".
Ich schreibe selbst Gedichte und Geschichten und gehe mit offenen Augen durch die Welt.
Das Unverständnis von vielem ist zwar geblieben, aber auch dafür danke ich euch.
Nicht alles ist es wert, gelernt zu werden.
So habt ihr zwei mich mit geprägt, mich zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin.
Darum danke ich ihnen, Mr. Charles Hudson und Herr Dr. Werner Trömer.
Ihr habt das toll hingekriegt!
Anmerkung: Diese Geschichte ist nicht frei erfunden, diese beiden gibt es wirklich.
Die einzigen Lehrer meiner ganzen Schulzeit, an die ich mich auch heute noch gerne
erinnere!
