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Dieses Thema hat 2 Antworten
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 Peter Bochanan
Peter Bochanan Offline




Beiträge: 282

20.08.2007 15:27
Wegen zwei Päckchen Zigaretten Antworten
Es war so ein Tag, an dem man am liebsten im Bett bleiben würde. Der Himmel hatte seine Schleusen geöffnet und draußen regnete es Bindfäden. Die Wolkenberge zeigten sich in einem düsteren, bedrohlichen und undurchdringlichen Grau. Der Sturm peitschte die Äste der Bäume wild hin und her. Auch heute würde sich, wie immer an solchen Tagen, eine große Anzahl an Schirmen und Hüten auf eine Reise ins Ungewisse begeben. Typisch November eben. Klaus Berentz war gerade aufgestanden und schlurfte in seinen alten Pantoffeln vom Schlafzimmer in die Küche. Er schaute aus dem Fenster und dachte so bei sich >Was für ein mistiges Wetter, da jagt man noch keinen Hund vor die Tür und ich armer Tropf muss gleich raus<. Berentz war Privatdetektiv und arbeitete mitunter auch in Kaufhäusern. Was heißt mitunter, in letzter Zeit sehr oft, zu seinem eigenen Leidwesen. Früher hatte er viele Aufträge von Privatkunden bearbeitet, aber wer konnte sich das in der heutigen Zeit noch leisten. Heute war ein Einsatz in einem Kauf-haus in der Innenstadt Aachens geplant. Von seinem Wohnort Hergenrath waren das ca. 30 Minuten Fahrt. Berentz war keinesfalls ausgeschlafen, denn er war erst gegen vier Uhr morgens zu Hause gewesen und jetzt war es gerade einmal halb acht. Er zog gerne um die Häuser und vergaß dabei des Öfteren auf die Uhr zu schauen.

Während der Kaffee durch die Maschine lief, ging Berentz ins Bad und machte sich fertig. Berentz trank noch hastig eine Tasse des mittlerweile fertigen Kaffees und schwang sich dann in seine dicke Daunenjacke. Dann verschloss er die Wohnungstür und stieg in den Fahrstuhl. Zum Glück stand sein alter Ford Capri direkt vor dem Haus. Hätte er jetzt noch weit gehen müssen um zu seinem fahrbaren Untersatz zu gelangen, wäre er vermutlich schon durchnässt gewesen, bevor er diesen erreichte. Kurz vor neun Uhr fuhr er auf den Parkplatz des Warenhauses. Am Personaleingang war direkt neben der Eingangstür noch ein Parkplatz frei. Diesen sicherte er sich sogleich und lief dann die paar Schritte, bis er endlich im Trockenen angelangt war. „Guten Morgen Frau Neuberg, ist der Chef oben?“ begrüßte er die Dame an der Telefonzentrale. „Ja, heute ist große Sitzung, oben ist schon richtig Betrieb“ antwortete Frau Neuberg. „Dann möchte ich nicht stören. Sagen sie bitte Bescheid, dass ich im Hause bin.“

„Mache ich gerne“ erwiderte Frau Neuberg und griff zum Telefonhörer. Berentz drehte sich um und machte sich auf den Weg in sein Büro. Dort legte er seine Jacke ab und betrat dann das Ladeninnere. Da sich nur wenige Kunden im Ladenlokal aufhielten, er schätze etwa 30, schlenderte Berentz zuerst hinüber zum Restaurant und genehmigte sich noch einen Kaffee. Anschließend begab sich Berentz in den Laden zurück und schritt, genau wie jeder andere Kunde auch, langsam die einzelnen Gänge ab. Die folgende Stunde verbrachte er damit, durch die Gänge zu trotten und mit falschem Interesse in den Auslagen zu kramen. Ihre Inhalte waren seit fünf Jahren dieselben. Mittlerweile kannte er sie in- und auswendig. Eine Stunde war so vergangen als gegen zehn Uhr ein Mann den Laden betrat. Was an ihm sofort ins Auge fiel war der Tirolerhut den er trug, denn an dem prangte ein riesiger Gamsbart. Berentz schätze in auf Mitte vierzig. Da immer noch nicht mehr Betrieb war behielt Berentz ihn im Auge. Als erstes ging der Seppel zu einem Zigarettenträger und entnahm zwei Schachteln Zigaretten. Das war ungewöhnlich. Normalerweise bedienten sich die Kunden am Ende des Einkaufes bei den Rauchwaren. Als er dann auch noch eine Zeitung über die Päckchen legte, war Berentz` Misstrauen erst recht geweckt. Berentz folgte dem Verdächtigen in sicherem Abstand zur momentan menschenleeren Elektroabteilung. Dort verschwand er in einem Seitengang.

Leider war Berentz durch einen Sonderaufbau die Sicht verdeckt, so dass er nicht eindeutig erken-nen konnte, was der Kerl da machte. Definitiv erkennen konnte Berentz, das der Verdächtige sich mehrmals umsah und dann sein Oberkörper für einen Moment lang hinter dem Display verschwand. Dann verließ > Der Bayer< die Elektroabteilung und ging weiter in Richtung Getränkeabteilung. Berentz konnte erkennen, dass die Zeitung immer noch im Wagen lag, mehr aber auch nicht. Nun hatte er zwei Möglichkeiten. Entweder er ließ den Kunden aus den Augen und vergewisserte sich, dass dieser die Zigaretten nicht in der Elektroabteilung abgelegt hatte, oder er blieb an ihm dran, um zu schauen, was er als Nächstes machen würde. Da der >Kunde< es plötzlich sehr eilig zu haben schien, entschied sich Berentz die Observation fortzusetzen.

Nachdem der Mann sich in der Getränkeabteilung noch eine Dose Cola genommen hatte, machte er sich auf den Weg zu den Kassen. Als dieser dann an der Kasse fünf anstand, verließ Berentz den Laden bei der Information und stellte sich gegenüber der Kassenzone ins Café. Von dort konnte er genau sehen, was auf dem Band landete. Zur Tarnung steckte Berentz sich einen Glimmstengel an und rauchte, während er aus den Augenwinkeln das Band der Kasse fünf im Visier hielt. Jetzt war der >Seppel< an der Reihe. So wie Berentz vermutet hatte kamen aus dem Einkaufswagen nur zwei Artikel zum Vorschein, die Zeitung und die Dose Cola. Berentz beschloss, nach dem Verbleib der Zigaretten zu fragen. Selbst wenn diese in der Elektroabteilung abgelegt worden waren, konnte man Berentz keine falsche Anschuldigung unterstellen. So etwas nennt man >nicht kundengerechtes Verhalten<. Als der Kunde sich anschickte das Geschäft zu verlassen trat ihm Berentz entgegen und stellte sich vor. „Guten Tag, Sicherheitsdienst. Ich würde Sie gerne einen Moment sprechen, folgen Sie mir doch bitte in mein Büro.“ Anstandslos kam der Angesprochene der Aufforderung nach. Beide machten sich unbemerkt von Kunden und Angestellten auf den Weg ins Büro.

Zwei Stunden Später

Der Geschäftsleiter Herr Brunner hatte gerade sein Meeting mit seinem Stellvertreter und einigen Abteilungsleitern beendet. Sie hatten verschiedene Themen besprochen, die herannahende Weih-nachtszeit betreffend, auch die damit verbundenen Sonderaktionen. Jetzt betraten sie den Laden und gingen als Erstes an die Information. "Hallo Frau Gerber, ist irgendwas Besonderes gewesen während der Konferenz?“

"Nein, alles im grünen Bereich" erwiderte die angesprochene Dame "aber sagen Sie Herr Brunner, ist unser Herr Berentz schon nach Hause? Den hab ich schon ne ganze Weile nicht mehr gesehen?"
"Der hat sich bei mir nicht abgemeldet" sagte Brunner verwundert. Zu seinem Stellvertreter gewandt sagte er "wir schauen einfach mal in sein Büro. Vielleicht ist er nur kurz auf die Wache gefahren um eine Aussage zu machen und hat vergessen Bescheid zu geben.“ Brunner und sein Stellvertreter machten sich auf den Weg zum Detektivbüro. Dort angekommen klopften sie an der Tür.
"Herr Berentz, sind Sie da?“ Da sich nach mehrmaligem Klopfen nichts rührte, griff Herr Brunner an den Türknopf und öffnete. Verwunderung machte sich auf den Gesichtern der beiden breit, als sie in das Büro blickten.

Berentz lag mit dem Kopf auf den Armen auf seinem Schreibtisch. „Herr Berentz, ist Ihnen nicht gut? Können wir Ihnen irgendwie helfen“ fragte Brunner aber er erhielt keine Antwort. "Haaallooooo---Berentz" wieder keine Antwort. Die beiden gingen hinüber zum Schreibtisch und Brunner stupste Berentz an. Doch dann wich plötzlich die normalerweise gesunde Gesichtsfarbe der beiden einem leichenähnlichen Blass. Von ihren Augen war eine Mischung aus Ungläubigkeit und Entsetzen abzulesen, denn nach dem Stupser sank der Angesprochene vom Schreibtisch, kippte vom Stuhl und fiel mit einem dumpfen Knall zu Boden. Brunner und sein Stellvertreter wichen instinktiv einen Schritt zurück und starrten fassungslos auf den vor ihnen liegenden Berentz. In seinem Kopf war ein kleines, rundes Loch zu sehen. Berentz war tot, erschossen von einem unbekannten Täter.


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Peter Bochanan

RUBI Offline

Amateur


Beiträge: 91

14.10.2007 21:31
#2 RE: Wegen zwei Päckchen Zigaretten Antworten

Ach neeeee - schon wieder so ein Ende, das ich nicht erwartet habe.
Könnte stundenlang deine Geschichten lesen - spannend

Liebe Grüße RUBI
Du kannst hinfallen - aber du mußt IMMER WIEDER aufstehen!!!

Peter Bochanan Offline




Beiträge: 282

14.10.2007 22:22
#3 RE: Wegen zwei Päckchen Zigaretten Antworten

Danke dir Birgit fürs lesen und fürs Lob. Eine meiner Spezialitäten in Geschichten ist das Unerwartete. So habe ich zum Beispiel auch den Roman aufgebaut, den du zurzeit im Forum Magazin lesen kannst.

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Peter Bochanan

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