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Dieses Thema hat 12 Antworten
und wurde 579 mal aufgerufen
 Kurzgeschichten
helga ( Gast )
Beiträge:

02.01.2007 22:08
Der Liebesapfel Antworten

Der Liebesapfel

Es stand ein Apfelbaum am Ufer eines kleinen Weihers im schönen Oldenburger Land, mitten in den
Dammer Bergen. Er stand nicht allein auf weiter Flur oder gar zufällig dort, nein, ein liebes
Kind hatte ihn und die anderen Bäume - eine schöne Trauerweide, die ihre langen, grünen Federzweige
immerzu eitel in dem Wasser spiegelte und eine kraftvolle Eiche - in seiner unmittelbaren
Nachbarschaft gepflanzt. Sie und das Gras zu seinen Füßen, der kleine, blaue Weiher vor ihm und
das zottelige Schilf leisteten ihm Gesellschaft.

Es lebten viele Tiere in dem See und von ihm. Frösche und Libellen belebten ihn genau so
wie Enten und Blässhühner; sogar Reiher standen manchmal unbewegt in seinen flachen Zonen,
und der Apfelbaum erfreute sich täglich an dem Getue dieser Tiere. Auch kamen im Frühjahr
viele Zugvögel vorbei, und da der Weiher viel Futter zu bieten hatte, rasteten sie im
Frühling und Herbst an seinem Ufer, schliefen des nachts auf ihm und waren so sicher vor
dem Fuchs und außerdem satt und gestärkt für die Weiterreise.

Der Apfelbaum freute sich sehr über diese willkommene Abwechslung. Im Frühling blühte er
aus lauter Lebensfreude weitaus reichhaltiger und schöner als seine Kollegen auf den
Plantagen oder langweiligen Feldern. Im Herbst hingegen dankte er den Tieren mit den
saftigsten und süßesten Früchten weit und breit. Dunkelrot, dick und prall sahen seine
Äpfel aus, mit glänzender Schale - und jeder, der einen solchen Apfel sah, bekam gewaltigen
Appetit in eine so schöne Frucht zu beißen. Der Baum verteilte großzügig davon und freute
sich, wenn es den Menschen und Tieren schmeckte.

Im Weiher lebte auch ein Schwanenpaar. Es lebte schon seit allen Zeiten dort, denn die
beiden waren ein verzaubertes Liebespaar. Sie hatten sich aus tiefstem Herzen gewünscht
für alle Zeit auf der Erde, für immer und immer zusammen vereint, an diesem schönen Weiher
leben zu dürfen. Und in genau diesem Moment war eine Fee, die gerade gelangweilt durch
die Zeit schwebte, vorbeigeflogen. Sie hörte diesen Wunsch, und weil sie gerade nichts
anderes zu tun hatte, ihn sogleich erfüllt, indem sie die Liebenden in schneeweiße,
majestätische Schwäne verwandelte. Nachdem das geschehen war, sprach sie sodann zu
ihnen: "Von nun an seid ihr beide auf immer vereint an diesem Ort. Unsterblichkeit habe
ich euch verliehen und keine Krankheit, kein Schuß, kein Tier kann Euch je vernichten.
Lebt nun wohl und lebt glücklich und zufrieden, vielleicht werde ich euch einmal besuchen
und schauen wie es euch geht......" sprachs und verschwand mit einem seltsamen Lächeln auf
dem Gesicht.

Die beiden Schwäne hatten sich verdutzt angesehen und gewundert, doch dann hatten sie
begonnen sich zu freuen, denn nun konnten sie für immer und immer zusammen leben, hier
an diesem schönen Weiher im Oldenbuger Land.

So gingen die Jahre dahin und der Apfelbaum konnte sich an ihrem Glück gar nicht satt
sehen. Doch als Jahr um Jahr und viele Kinder der beiden schon längst fort waren oder
schon lange nicht mehr lebten, sah er, daß das Schwanenpaar sich sehr, sehr langweilte
und daß einer dem anderen vorwarf, er habe diesen unseligen Wunsch ausgesprochen, so
daß sie nun für immer und immer und alle Zeiten aneinandergekettet an diesem langweiligen
Ort, an dem nie und nie etwas passierte, leben mußten...

Durch das enge Beisammensein hatten sie die Liebe verloren, und jeder von ihnen wollte
nur noch von dem anderen weg, endlich einmal etwas anderes sehen und erleben. Es gab
sicher noch andere Wasser, zu denen sie sich hätten aufmachen wollen, doch durch den
Zauberspruch der Fee war ihnen das verwehrt und sie hatten schon seit langem erkannt,
daß dieser Spruch ein Fluch war.

Der Apfelbaum, der dieses alles beobachten mußte und dem das leid tat, fing an darüber
nachzusinnen, wie er die beiden erlösen könne. Jahr um Jahr grübelte er darüber nach.
Er fragte jeden ankommenden Vogel, jedes Reh, jeden Frosch, ob sie die Fee gesehen
hätten. Doch keiner hatte sie je gesehen, aber wenn sie sie träfen, würden sie ihr
den Wunsch des Apfelbaumes und der beiden von ihr verzauberten Schwäne mitteilen.

So verging wieder Jahr um Jahr, und die beiden Schwäne stritten sich von morgens bis
Sonnenuntergang. Es gab Tage, da sprachen sie überhaupt nicht mehr miteinander und
dann wieder Tage, an denen das Schwanenweibchen lange auf einem Stein am Ufer saß und
dicke Tränen weinte. Die schönen weißen Federn der beiden aber leuchteten wie eh und
je strahlend; und immer, wenn einmal ein Mensch oder ein Paar an diesen Weiher kam,
bewunderten sie die beiden und freuten sich über das majestätische Dahingleiten der
beiden Schwäne.

Der Apfelbaum aber dachte und grübelte immer noch darüber, wie er ihnen helfen könne.
Und als er gerade ganz besonders tief versunken brütete und nachsann, kam eine Blumenfee
durch die Zeit geflogen und setzte sich (es war gerade Frühling), auf eine seiner
lieblich duftenden Blüten. "Hallo", sagte der Apfelbaum, "bist du eine gute Fee?" Die
Fee bejahte das und fragte ihn, ob er einen Wunsch hätte, denn sie hätte eine große
Seifenblase voll davon und könne ihm sicher etwas Schönes erfüllen.

Der Apfelbaum erzählte ihr nun die Geschichte der beiden Schwäne und trug ihr seinen
Wunsch vor. Die Fee aber schüttelte traurig den Kopf: „ Nein mein lieber, guter Apfelbaum,
ich kann die ausgesprochenen Wünsche meiner Schwester nicht rückgängig machen, das ist
ein unausgesprochenes Gesetzt unter uns." Nach einer Weile aber sprach sie, daß sie, da
er ja so ein selbstloser, lieber Kerl sei, eine seiner Blüten mit magischer Energie
aufladen würde. Aus dieser Blüte könne dann ein Apfel mit großer Kraft in sich entstehen,
und wenn der Baum sich große, große Mühe gäbe, könne er dem Apfel eine ganz bestimmte
Kraft verleihen. Sie beugte sich nun vor und flüsterte ihm diese Fähigkeit des Apfels
in ein Astloch, denn nur er allein dürfe wissen, daß der Apfel den Zauber der ersten
Fee umändern könne. Es müßte nur ein Liebespaar, wie es einst die beiden Schwäne waren,
von diesem Liebesapfel essen, und der Zauber würde von den Schwänen genommen. Der Baum
überlegte kurz und stimmte dann zu, und weil die Fee gerade so schön und gemütlich auf
einer Blüte saß, flößte sie gerade dieser ihre magische Energie ein. Und dann – pling –
verschwand sie so schnell wie sie gekommen war.

Der Sommer zog ins Land, und unter dem Gezanke und Geschrei der beiden Schwäne bildete
sich der verzauberte Apfel immer schöner hervor. Die übrigen Früchte waren zuerst fade
und blaß geworden, dann hatte der Baum sie verloren, denn er gab sich große Mühe, alle
Kraft in diese eine Frucht zu bringen, so war kein anderer Apfel geblieben und seine
Blätter waren auch recht mager. Doch das störte den Apfelbaum nicht, er hegte und pflegte
den einen Apfel, damit dieser schön, prall und leuchtend werden würde. Weit oben saß die
Frucht, denn keiner durfte sie pflücken.

So stand der Baum wartend. Und eines Tages im Herbst (er hatte nun alle Blätter verloren),
kam ein Pärchen vorbei, stellte sich still unter den Baum und sah dem Schwanenpaar zu,
während es wie immer majestätisch stolz durchs Wasser glitt , und sie beide dachten, wie
schön es doch wäre, hier an diesem friedlichen Weiher für immer und immer vereint zusammen
leben zu können.

Da plumpste hinter ihnen der Apfel zu Boden und kullerte den leichten Hang hinunter, blieb
just genau vor ihren Füßen liegen. Der Mann hob ihn auf, besah ihn prüfend und ihm lief das
Wasser im Munde zusammen. "Komm Liebchen," flötete er, "lasse uns diesen Apfel zusammen
essen," und während sie aßen, stellten sie sich vor, wie schön es doch wäre, hier am kleinen
Weiher im schönen Oldenburger Land für immer und immer.............

©Helga Sievert-Rathjens

Camaela ( Gast )
Beiträge:

04.01.2007 10:28
#2 RE: Der Liebesapfel Antworten

die Armen...Verliebte denken eben nicht an den Alltag

eine wirklich nette Geschichte mit viel Phantasie und sehr viel Wahrheitsgehalt

die dumme Fee sie hätte halt auch ewige Liebe mitgeben können


Früchte reifen durch die Sonne, Menschen reifen durch die Liebe.
(Julius Langbehn)

helga ( Gast )
Beiträge:

04.01.2007 12:11
#3 RE: Der Liebesapfel Antworten

Dieser Gedankengang oder Herzenswunsch zeichnet dich aus Camaela,
aber dann hätte ich ja keine Geschichte darüber schreiben können

Stefanie Offline

Treue Seele



Beiträge: 1.347

06.01.2007 10:37
#4 RE: Der Liebesapfel Antworten

Herrlich, liebe Helga! Und so wunderbar fesselnd geschrieben.
Aber ein bissel böse warst Du schon, gell?
Die Armen
Ja ja, sei vorsichtig mit dem, was Du Dir wünschst - es könnte
in Erfüllung gehen...




Bernd ( Gast )
Beiträge:

06.01.2007 17:15
#5 RE: Der Liebesapfel Antworten

Liebe Helga,
diese phantastische Geschichte habe ich schon paarmal gelesen.
Nur wundere ich mich,das hier kein Kommentar von mir steht.
Hattest Du das woanders schon einmal platziert?
Komisch - egal wie - die Geschichte ist toll!!



Was man nicht aufgibt,hat man nie verloren
(Friedrich Schiller)

Meine Bücher
Sturmwind-Gedankliches Inferno
Eiszeit-Die Gewohnheit zu Besuch

helga ( Gast )
Beiträge:

06.01.2007 19:21
#6 RE: Der Liebesapfel Antworten
Steffi, ja ein büschen gemein war ich schon, aber das Leben ist
auch manchmal gemein und nicht immer endet es mit: so lebten sie glücklich
und zufrieden bis an ihr Lebensende, und wenn sie nicht gestorben.........

Nein Bernd, diese Geschichte ist funkelniegelnagelneu entstanden. Du
kannst sie höchstens in meinem Notizbuch gelesen haben, wo sie 20 Jahre
darauf wartete endlich in den PC getippt zu werden. Aber dieses Notiz
buch ist für alle und alle auf immer und immer verschlossen

Danke Euch beiden für das lesen und den kommentar

Hinrich Offline


Hausfreund/in



Beiträge: 591

06.01.2007 22:29
#7 RE: Der Liebesapfel Antworten

Liebe Helga,

laß mich raten:
Du warst süße siebzehn und bis über beide Ohren verliebt - Du
hattest immer schon eine blumige Phantasie und kontest Dir
ausmalen, wie schön es doch wäre, immerzu in solch zärtlicher
Glückseligkeit zu schweben.

Das Paradies und der Apfelbaum ........
Die alten romantischen Geschichten.

Wann hast Du "Dein Märchenbuch" fertig ?
Ich möchte gern wissen, was da noch alles bei Dir schlummert -
was Du in Deinem Tagebuch geheimnisvoll bewahrst.

Liebe Grüße

Hinrich
©whp

helga ( Gast )
Beiträge:

07.01.2007 11:35
#8 RE: Der Liebesapfel Antworten

Hinrich, nö, ich war zartbittere 37 Jahre alt und von Verliebtheit
keine Spur, eher etwas partnermüde.......
In diesem und anderen Notizbüchern gibt es noch unendlich viele Geschichten
und immer wenn mir danach ist, nehme ich mir eine vor

Lyla Offline

Hausfreund/in



Beiträge: 435

07.01.2007 12:29
#9 RE: Der Liebesapfel Antworten

, werde mir nie wieder etwas unter einem Apfelbaum wünschen das könnte ja gefährlich sein, klasse Geschichte,Lydia

helga ( Gast )
Beiträge:

07.01.2007 17:02
#10 RE: Der Liebesapfel Antworten

Lydia, aber nicht jeder Baum hat solche Früchte, die meisten sind
sehr, sehr gesund, auf immer und immer, eeehrlich

Wicht Offline


Treue Seele



Beiträge: 1.533

08.01.2007 17:54
#11 RE: Der Liebesapfel Antworten

Hallo liebe Helga!!
Wunderschön deine Geschichte,bin gerade von der kleinen Reise zurück in die deine Geschichte mich gschickt hatte,schöne Bilder taten sich auf !!In deiner Geschichte steckt viel Wahres/Weisheit obwohl ich als older Romantiker immer noch fest daran glaube/besser gesagt,das Glückhabe es jeden Tag neu zu erleben,das Liebe endlos sein kann,ja das sie sogar durch Wachstum und Erfahrung an Schönheit trotz vieler vergangener Jahre gewinnen Kann!!

Übrigens lieben meine Frau und ich Äpfel
...werden sie demnächst nur noch in der Nähe von Schwänen essen..vieleicht hilft`s!
LG
Frank

helga ( Gast )
Beiträge:

08.01.2007 18:05
#12 RE: Der Liebesapfel Antworten

Danke Frank für das Kompliment und lach, da wünsche ich Euch viel Glück.....

Karin Lissi Obendorfer ( Gast )
Beiträge:

12.01.2007 16:04
#13 RE: Der Liebesapfel Antworten

Liebe Helga,
eine zauber- und märchenhafte Geschichte, in der viel Lebens-
erfahrung steckt. Ein wunderbares Werk, ich werde es bestimmt
noch mehrere Mal lesen. Liebe und liche Grüße zu Dir,
Karin Lissi


Klein ist der Mensch -
gegenüber seiner großen Unwissenheit.
Aber groß ist die Liebe in seinem Herzen –
für ein klein wenig Achtsamkeit.
© Karin Obendorfer

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