Immer wieder diese Bügelwäsche. Da stehe ich nun mit dem heißen Eisen vor dem Bügelbrett … ha, ha, ha, ha …
Ja. Ja, das bin ich. Ja. Rote Haare. Ja, überall. Fünfunddreißig… Dann eben nicht, du Arsch. Diesen spontanen Satz aus meinem allerersten Telefonat in freier beruflicher Poesie denke ich jetzt nur noch. Im Gegenteil. Ich säusele mit leicht angerauter Stimme ein „Vielleicht überlegen Sie es sich doch noch einmal“ oder „Rufen Sie jederzeit wieder an, RotRöslein erwartet Sie gerne“. Verlogen, nicht wahr?
Heute kommt um 12.00h ErnstAugust. Nicht der Prinz. Der Eckenpisser und Fotografenschänder. ErnstAugust eben. Ich hätte wetten können. Es war die Stimme von Martin, diesem Wirbelwind. Er sagte aber mit Bestimmtheit ErnstAugust. Dann eben ErnstAugust.
ErnstAugust ist nach sieben Tagen und zweiter Anzeige mein hoffentlich zweiter Kunde. Verabredungen? Verabredungen hatte ich. Drei feste Termine. Mit bestem make up auf die fünfunddreißig Jahre präpariert. Einladend schmeichelndes Parfum umwehte mich. Sehr elegante, offene Kleidung. Reizvoll. Wirklich erotisch reizvoll, bekundete ich der rotmundigen Brünetten im Spiegelbild. So eine Mischung aus mehr Weib aber ebenso verwöhnter Hausfrau. Eine Kunst. Ja. Meine Kunst. Das ist der Markenartikel. Mein Markenartikel. Wer anderes will, der soll andere suchen. Auch an der Haustür darfst du dann noch umdrehen. Diesen Rest Stolz will ich mir bewahren. Genug geplaudert. Mehr persönliche Dinge erfahren sie heute nicht von mir. Vielleicht noch so viel. Das Liquide für diese Ausstattung… ne, erzähle ich später einmal. Es klingelt gerade an der Tür. Es ist 12.00h. ErnstAugust kommt. Gott sei gedankt. Wenn er auch noch richtig gut zahlt, dann bin ich einen Schritt weiter.
Ich habe es doch gewusst. Die Welle namens ErnstAugust, die in meinem 2-Zimmer-Appartement die größte Überschwemmung seit der vergangenen Woche anrichtet, war … ist nur unschwer zu erraten … Martin. Eines ist damit für mich klar. Der heißt nicht Martin, der heißt nicht ErnstAugust. Der heißt: Tsunami.
Dieser sportliche ältere Jüngling. Mit blonden Haaren und kalten grünen Augen. Exakt 30 Minuten. Dann war er durch alle Räume gefegt und hatte meinen Rosengarten mit einer solchen Wucht bestellt, dass ich bis zum Abendrot nicht daran glauben wollte, ihn jemals wieder blühen zu sehen. Als es aber am späteren Abend Adelheid und ihren Mördern gelang, in der dritten Wiederholung so herrlich meine Lachmuskeln zu strapazieren, dass ich mich auf die vierte Wiederholung auf dem Schwesterkanal richtig freute, da spürte ich es durch Adelheids Ex hindurch plötzlich in allen Blutbahnen. MartinErnstAugust wird wieder und wieder zu mir kommen. Er wird jeden Donnerstag um 12.00h an meiner Türe klingeln. Unter welchem Namen auch immer. MartinErnstAugust. Dieses leichte Zittern, das durch seinen ganzen Körper rieselte. Du hast versucht, es mit einem Tsunami zu überdecken. Diese Riesenwelle, auf deren Wellenkamm ich mit dir rauschen durfte, und in deren Sog mir alle Sinne wegspülten, hat mich doch dieses leichte Vibrieren des Vertrauens spüren lassen.
Mut. RotRöslein. Mut. Das wären schon mal die Monatsmiete und die täglich frischen Rosen. Frau Dercksen beschenkt mittlerweile täglich auch schon die Damen aus ihrem plötzlich wiederbelebten Damenkränzchen. Mädchen, so sie, bei mir halten noch die ersten Rosen. Schau mal, seit einer Woche und noch so rot. Übrigens. Drückt mir die Daumen. Bilanzbuchhalterin in Teilzeit gesucht. Nächsten Freitag darf ich mich vorstellen.