Einsame Tage und klirrende Kälte
Es war an einem Abend im Dezember Draußen herrschte klirrende Kälte, der Schnee lag kniehoch und an den Fensterscheiben hatten sich Eisblumen gebildet. Oma Käthe legte erneut ein paar Scheite Holz auf´s Kaminfeuer, um in ihrer bescheidenen Holzhütte aufzuheizen in der sie seit dem Tod ihres lieben Heinrich, ganz alleine lebte. Sie setzte sich in ihren Lehnstuhl, breitete eine Decke über ihren frierenden Beinen aus, und nahm ihr Strickzeug zur Hand. Die Tage waren sehr kurz geworden, früh brach die Dunkelheit herein und so vertrieb die alte Frau sich die langen Abende beim Stricken. Der Wind draußen, brachte seltsame Geräusche zustande. Überall knarrte das alte Holz der Hütte, die Fensterläden klapperten einen unregelmäßigem Rhythmus, an den Oma Käthe sich allerdings längst gewöhnt hatte und so dachte sie nur bei sich: „Fast komme ich mir vor, wie im Hexenhäuschen...knusper, knusper knäuschen, wer klappert an meinem Knusperhäuschen?“ lächelte sie vor sich hin. Die alte Frau hatte ihren Humor noch lange nicht verloren und er war ihr auch ein lieber und wichtiger Begleiter in ihren alten Tagen, hier in dieser Einöde. Sie strickte weiter an dem dicken Schal, der so schnell wie möglich fertig werden sollte. *plog* *plog* *plog* Oma Käthe lauschte, woher dieses Geräusch denn nun kommen konnte. Und wieder machte es *plog*.......*plog* sie legte das Strickzeug und die Decke von ihren Beinen zur Seite um nachzusehen, woher dieses Laute kamen, die ihr nun doch fremd waren. „Aha“ ...sie hatte den Übeltäter entdeckt. Es war der Wasserhahn, der bedächtig vor sich hintropfte. Morgen, wenn es das Wetter zuließe, würde sie mit dem Schlitten ins Tal fahren, um ihren Sohn zu bitten, dass er das für sie reparieren sollte. „Ach“, seufzte sie…. „schade, dass der Weg so beschwerlich ist und wir uns so selten sehen. “Sie machte es sich wieder in ihrem Stuhl bequem, um weiterhin den Gedanken an ihre Kinder nachzuhängen. Oh ja, sie vermisste ihren Sohn und seine kleine Familie so sehr. „Das Leben zieht seine Runden, und ich bekomme nur so wenig davon mit“ sinnierte die alte Frau, nun doch recht traurig geworden. Als sie einige weitere Reihen an ihrem Schal gestrickt hatte, hörte sie deutlich Stimmen, die der Wind vor ihr Fenster trug. Verdutzt und erschrocken zugleich, schaute sie zu der alten Uhr auf dem Kaminsims. Kurz nach 18 Uhr. Wer konnte das jetzt um diese Zeit und bei diesem Wetter denn sein? Schon wurde die Tür aufgerissen, und hereingestürmt kam die geliebte Enkelin, gefolgt von ihrer Mama und dem Papa. "Oma, Omaaaaa!" rief die Kleine begeistert und flog der alten Frau geradezu in die Arme. „Was um Himmelswillen führt euch denn hier her? Und das bei diesem Wetter?“ fing Oma die Kleine in ihren ausgebreiteten Armen auf. „Oma, heut ist doch Nikolaustag!“ lachte die kleine Sarah vergnügt und mit diesem unendlich liebenswerten, kindlichen Übermut. „Ich habe dir auch etwas mitgebracht! Sieh nur, diese Schneekugel habe ich selbst gebastelt!“ Oma Käthe stiegen mit einem mal die Tränen in die Augen. Tränen vor Glück und voll stolzer Liebe zu ihrer kleinen Sarah, und ….weil ihr wieder einmal bewusst wurde, wie einsam und von der Umwelt abgeschieden sie hier oben doch lebte. Die Eltern des kleinen Mädchens beobachteten diese rührende Szene wortlos und auch ihnen saß ein dicker Kloß im Hals, bis Sarahs Papa sagte: "Mutter, auch ich habe eine Überraschung für dich“ und strahlend fuhr er fort: „Unser Haus ist jetzt fast fertig, und darin ist ein schönes großes Zimmer für dich. In ein paar Tagen wirst du endlich mit uns zusammen dort wohnen können und wir werden ein wunderschönes Weihnachtsfest zusammen feiern!“ Die Alte Frau war so gerührt… Tränen rannen über ihr betagtes Gesicht und sie merkte überhaupt nicht, dass die Stricknadeln längst aus den Maschen gerutscht waren und der Schal sich bis zur Hälfte aufgelöst hatte.
© Birgit Lüers
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