Gegen Balladen habe ich ja nichts, aber mir gefallen trotzdem die Gedichte besser, die sich mit der negativen Seite einer Liebesbeziehung befassen...das nun folgende ist das zweite, das ich auf unserer "Kulturnacht" vortragen durfte.
Déjà-vu
die Vögel sind zurückgekehrt wir nicht du hast dich immer über sie beschwert darüber habe ich dann gelacht ein paar Jahre zurück gedacht ist nur noch Schmerz
die Flüsse sind stetig wie früher wir nicht du dachtest du wärest klüger als ich jetzt lache ich darüber aber die Flüsse wurden auch trüber
auch die grüne Bank ist noch in Sicht genau wie ich nur du bist nicht hier wie gut für dich und täglich grüßt das Murmeltier
die abgestorbenen Bäume sind neu früher waren sie grün und lebendig und anders als du – bodenständig sie sind sich selbst jetzt noch treu
Falls sich jemand fragt ob ich solche Sachen schon erlebt habe...alles was in der Beziehung von mir kommt ist rein fiktiv, da ich noch keinen Freund hatte und deshalb nicht aus Erfahrung sprechen kann.
Seit 3geschlagenen Stunden verfolge ich diese Frau und mache meinen Job. An der Straßenecke gegenüber wird gerade ein Laden ausgeraubt und diese Pressetussi gibt sich eine Maniküre im Geschäft nebenan. Ich kann ihr Gesicht sehen. Wieder so eine, die einen Spachtel braucht um sich abzuschminken. Typisch High Society. Wen interessiert denn schon ein Ladendiebstahl? Viel wichtiger ist es doch, die schmutzigen Details aus dem Leben berühmter Menschen aufzudecken und sie dadurch kaputt zu machen. Ich hasse solche Menschen. Pressetussis. Sie sind mir auch dann nicht angenehmer wenn, sie mein Leben finanzieren. Immerhin betrügen die meisten von ihnen ihre Ehemänner. Ohne richtige Affären hätte ich den Job schon längst geschmissen. Schließlich sind Privatdetektive nicht viel mehr Wert als Paparazzi. Jetzt ist die Polizei da und der minderjährige Täter hat sich gar nicht weggetraut. Blinder Alarm würde ich sagen. Der Junge hat wahrscheinlich ein billiges Pornoheft in der Tasche und will es nicht bezahlen. Vielleicht als Mutprobe. Während ich das Treiben vor dem Laden beobachte, spüre ich plötzlich einen Blick auf mir. Meine Nackenhaare stellen sich auf. Das kann nicht sein. Winona Leads sieht mir genau in die Augen. Weiß sie etwa, dass ich sie seit 2 Monaten beschatte? Aber das ist doch lächerlich. Ich trage eine dunkele Sonnenbrille und die Seitenfenster sind getönt, wie sollte sie- Das Nummernschild! Es wäre immerhin möglich, dass sie es sich mit der Zeit gemerkt hat. Jetzt muss ich grinsen. Es ist Zeit ihr Leben zu versauen. Sie hätte sich früher überlegen sollen über wen sie ihre Artikel schreibt. Immerhin hat sie mich dazu gebracht von New York nach L.A. zu ziehen und das alles nur wegen der verdammten Story. Als ich damals die Einladung zu einem netten Abend bei ihr erhielt, hatte ich mich nur darauf gefreut, sie wiederzusehen und über alte Zeiten zu reden. Selbst mein Lukas hat sich wohl bei ihr gefühlt und mein Mann ist der personifizierte Anspruch. Für ihn muss alles stimmig sein. Was genau das bedeutet weiß ich selbst nach 10 Jahren Ehe noch nicht. Ihn danach zu fragen ist zwecklos. Er wird sein weißes Sakko mit den hochgeschlagenen Ärmeln anziehen, sich die Haare stylen und die goldene Rolex mit persönlicher Inschrift – ein Geschenk zum 10. Hochzeitstag – um das Handgelenk binden. Dann sieht er dich an und sagt: Man ist stimmig, wenn man sich stimmig fühlt.“ Ich habe gelernt mit solchen Nonsenssätzen zu leben. Das muss man wohl, wenn man überleben will. Ich gebe ja zu, dass mir der Abend bei Winona auch gefallen hat. Erst im Nachhinein habe ich verstanden, warum der Alkohol so üppig geflossen ist. Es hat ihr nicht gereicht, dass sie die Steuerhinterziehung gemeldet hat... nein, sie musste darüber auch noch einen Artikel schreiben und mich namentlich erwähnen. Gegenüber wird gerade ein zerknirschter Junge abgeführt und ich frage mich erneut warum ich mir das antue. Ich habe schon aufgegeben mir einreden zu wollen, dass mir Marcel Leads leid tut. Schön wär’s. Die Vorstellung die Frau zu überführen, die mich in den Ruin getrieben hat, ist einfach zu verlockend. Als Marcel bei mir in der Tür stand und ohne Umschweife erklärte, dass er sich sicher sei, seine Frau würde ihn betrügen, war mir klar, dass es doch einen Gott gibt. Nicht weit vom Nagelstudio entfernt befindet sich ein kleines, geschmackvolles Restaurant – ein Italiener – wo Lukas mir damals den Heiratsantrag gemacht hatte. Die Tatsache, dass Winona sich dort mit ihrem Lover treffen will, bringt mich wieder zum Grinsen. Ich gebe mich einem Tagtraum hin während Winona einen Drink bestellt und wartet. Jetzt warten wir beide. Langsam aber sicher werde ich unruhig. Das Jagdfieber beginnt in mir zu brodeln. Ich will endlich wissen wer es Wert ist, dass die renommierte Winona Leads ihr Image und Millionen von Dollar riskiert. Marcel Leads ist im Besitz von 50 Millionen Dollar, von denen Winona im Fall eines Ehebruchs laut Vertrag 200.000 bekommt. Wo ist da der Haken? Was habe ich übersehen, das einen solchen Verlust, eine solche Dummheit rechtfertigen würde? Ich lasse den Blick schweifen und er bleibt an einem Mann hängen, der mir unheimlich bekannt vorkommt. Irgendetwas sagt mir, dass der schwarze Anzug nicht zu ihm passt und die Haarfarbe nicht natürlich ist, obwohl sie ihm steht. Leider kann ich ihn nur von hinten sehen. Er betritt das Restaurant und steuert auf Winonas Tisch zu. Ich setze die Kamera an und zoome die beiden ran. Wahrscheinlich hatte ich nur eine Intuition, dass dieser Kerl genau ihr Typ ist. Sie verlieren keine Zeit und machen sich gemeinsam auf den Weg. Als sie den Gehsteig betreten, drücke ich ein einziges Mal auf den Auslöser. Dann schließe ich die Augen und wünsche mir, dass ich meinen altmodischen Fotoapparat und nicht die Digitalkamera genommen hätte. So muss ich mir das Bild jetzt ansehen. Winonas Blick auf dem Foto durchbohrt mich. Sie hat genau in die Kamera gesehen, weil sie wusste, dass ich hier bin und sie beobachte.
Nachdem ich ein letztes Mal zoome, lösche ich das Bild, werfe den Apparat auf den Sitz neben mir und fahre los. Wohin? Ich weiß es nicht. Das einzige was ich weiß ist, dass mich das Bild der Rolex am Arm des Mannes mit der gut lesbaren Inschrift „Für meinen Lukas – in Liebe Claire“ noch lange verfolgen wird. Ach und eine Sache weiß ich noch. Ich hasse Nonsenssätze.
wie lieb von dir...solche Worte bestärken mich darin nicht aufzugeben. Allerdings wäre ich vorsichtig mit dem Wort "hochbegabt". Sagen wir mal: ich lerne nach meinen Möglichkeiten zu schreiben ;) Deine Judith
An Winni: wie leicht du dich inspirieren lässt - bewundernswert ...da will ich irgendwann noch hinkommen! Was du daraus gemacht hast gefällt mir - es ist auf seine Art so unkompliziert *g* (warum kompliziert wenn e s auch einfach geht?)
ich lese gerade nochmals Deine hier im Gedichtehaus manifestierten Gedanken, denen ich viel Sympathie abgewinne. Deine Sprache ist lebendig und klug durchdacht. Ich freue mich schon auf weiteren Gedankenaustausch.
Sei lieb gegrüßt Hinrich whp
PS: Wie haben wir uns Dein Aussehen vorzustellen ? Bist Du klein oder groß, dünn oder dick mit lachendem oder traurigem Gesicht, mit blonden oder dunklen Haaren ? Ich habe zwar gewisse Vorstellungen, liege aber bestimmt falsch damit.
du liest Sachen, die ich schreibe sogar mehrmals? Wie lieb von dir! Ich würde gerne mehr schreiben, auch was Gedichte und Geschichten betrifft, aber mir fehlt einfach die Zeit. Viel wichtiger sind ja Mathe, Geschichte und Biologie... Es quält mich regelrecht, dass ich meine wertvolle Zeit mit soviel Unsinn zubringen muss . Allerdings mag ich dich nicht enttäuschen und werde vielleicht mal ein paar ältere Werke von mir abtippen.
als ich dich sah rosa als du mich sahst blendendes weiß als ich dich ansprach grün du antwortetest türkis
mein Herz schlägt fast gar nicht langsam normal im Sekundentakt ich spüre es im Kopf im Bauch in den Beinen es rast, es schreit, es brüllt fast es weint
es geschah nichts rosa einen Tag später dunkeles rosa am zweiten Tag feuerrot nach dem dritten Tag magmaartiges rot
vierter tag weinrot nach 120 stunden lachsrot nach 8640 sekunden blutrot nach einer Woche wässriges rot nach 8 Tagen; drei Monaten oder einer halben Ewigkeit Tränen
Deine Zustandsbeschreibung finde ich geradezu genial ! Treffsicher hast Du den Pfeil ins Schwarze gezielt, d. h. mit wenig Worten eine exakte Zustandsbeschreibung zu Papier gebracht.