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 Geschichtenwettbewerb
helga ( Gast )
Beiträge:

03.02.2007 18:27
#1 RE: Geschichten Januar-Feb.-März 07 Antworten

Familien A. Meise, M. Amsel und Freunde
Im Herbst bastelten mein Mann und ich zwei Nistkästen sowie ein Vogelfutterhäuschen
für die fröhlichen Sänger und Piepser. Wir hatten im Sommer ein Amselpärchen ihre
Jungen in einer Hainbuche großziehen sehen und hören. Familie Blaumeise hatte sich
in ein ausgedientes Abgasrohr in der Schulwand eingenistet, und auch Kohlmeisen
wohnten ganz in der Nähe. Die Grünlinge hatten sich die Hainbuche an der Ecke zu
ihrer Sommerresidenz auserkoren und trillerten ausdauernd.

Wir fanden ein Vogelfutterhäuschen aus vergangenen Tagen im Keller. Da es ein sehr
kleines Häuschen war, baute mein Mann einfach eine Veranda um es herum. Auch das
Dach wurde mit zwei Plastikplatten vergrößert, und ich malte mit wasserfestem
Filzstift Dachziegel darauf. Dann wurde es, etwas über Kopfhöhe, auf einem Pfahl
vor dem Küchenfenster neben eine der Hainbuchen aufgestellt. Das Futter wurde von
oben - durch eine Art Schornstein - mit abnehmbarem Deckel, eingefüllt. Dann fiel
es nach unten auf den Boden und war somit vor Regen gut geschützt. Wenn die Vögel
nun von unten pickten, drückte das Futter von oben nach und der Essplatz war dadurch
ständig frisch gefüllt. Ich hatte mir gedacht, dass das Futter für ca. vier Wochen
reichen würde.

Nach zwei Tagen ging ich hinaus, um nachzuschauen, ob die Vögel schon etwas gefressen
hatten und sah erstaunt, dass das Futter ratzekahl weggefressen war. Ich wollte es
kaum glauben, aber es war nichts mehr vorhanden. Ganze Vogelschwärme müssen über
Nacht da gewesen sein und sich gütlich getan haben. Ich füllte also Futter nach und
wartete wieder zwei Tage. In der Zwischenzeit lugte ich immer wieder aus dem Fenster,
konnte aber nie einen Vogel sehen. Am dritten Tag war wieder alles weggeputzt. Sehr
mysteriös.

Wir beschlossen, uns auf die Lauer zu legen. Wieder wurde das Futter aufgefüllt
und gewartet. Am nächsten Vormittag wurden wir einiger Tauben ansichtig, die den
Einflugbereich von den Giebelseiten her ansteuerten und dann so lange im Futter-
häuschen verweilten, bis sie satt waren. Daraufhin flogen sie ihrer Wege. Tauben
wollte ich ja nun nicht gerade füttern; dabei kann man arm werden und die anderen
Vögel bekommen fast nichts von der Mahlzeit ab.

So sannen wir auf Abhilfe. Mein Mann fertigte aus Zaunresten zwei Gitter aus
verzinktem Rundstahl an und befestigte sie links und rechts an den Giebelwänden.
Das Haus hatte dadurch zwar einen dezenten Knastcharakter angenommen, aber die
Stäbe sollten ja nur ihren Zweck erfüllen. Doch wir entdeckten, dass die Tauben
sich davon nicht schrecken ließen. Sie übten so lange den Anflug, bis sie es
schafften, in der relativ engen Lücke zwischen Dach und Veranda zu landen. Wieder
war das Futter weggefressen. Wieder wurde mein Mann tätig. Diesmal spannte er
einen dünnen Kupferdraht so um das Haus herum, dass die enge Lücke noch enger
wurde und wirklich nur noch von kleinen Vögeln angeflogen werden konnte.

Nach zwei Tagen war das Futterhaus wieder leer.

“Wie machen die das nur?“ fragten wir uns ratlos. Jetzt beobachteten wir die
Tauben auf dem Dach des Häuschens. Sie hatten, plietsch wie sie nun mal sind,
um ans Futter zu gelangen, einfach den Deckel von der Einfüllöffnung herunter-
gekickt - und schon brauchten sie sich nicht einmal mehr anzustrengen...

Jetzt mussten wir schon herzlich über deren Einfallsreichtum lachen, und wir
bewunderten die Tauben wegen ihrer Geschicklichkeit und der Kontinuierlichkeit,
mit der sie an den gedeckten Tisch gelangten. Doch nützen sollte es ihnen nichts.
Nachdem mein Mann mit einem weiteren Draht verhindert hatte, dass der Deckel von
Vogelschnäbeln zu öffnen ist, mussten sie sich eine andere Futterstelle suchen.

Zugegeben, unser Futterhäuschen sah jetzt ein wenig abstrakt aus, aber endlich
waren die Kleinvögel wieder unter sich und das große Schmausen konnte beginnen.
Der Winter kam und die Spuren im Schnee um das Futterhäuschen herum wurden sehr
aufschlussreich. Manchmal stand ich minutenlang am Fenster und beobachtete das
rege Treiben.

Da waren die kleinen roten Federbälle, mit den schwarzen Kappen auf dem Köpfchen,
die der Volksmund Dompfaffen nennt, in der Fachwelt aber Gimpel heissen. Sie kamen
immer zu zweit. Das Männchen mit lebhaft rot gefärbtem Bauch, das Weibchen etwas
bräunlicher. Ihr sanftes Pfeifen hörte sich immer etwas besorgt und ängstlich an,
so, als fragten sie sich ständig gegenseitig: "Ist bei Dir alles in Ordnung?" Sie
flogen das Häuschen an, nahmen sich, was sie wollten und hockten sich dann auf den
Rand der Veranda, um es zu verspeisen. Das machten sie so lange, bis sie satt waren
und wieder wegflogen.
Ganz anders dagegen die Blau- und Kohlmeisen, die schnell in das Häuschen huschten,
hurtig eine Nuss oder einen Sonnenblumenkern schnappten und damit in den nächstgele-
genen Baum abschwirrten, um dort die Mahlzeit einzunehmen.

Eines Tages bemerkte ich einen recht properen Spatz unter dem Häuschen auf dem
Fußboden mausartig hin und her huschen. Ich freute mich: sind doch die Sperlinge
in unserer Gegend nicht mehr häufig anzutreffen. Beim genaueren Hinsehen entpuppte
sich dieser Spatz aber als Heckenbraunelle, die sich durch den dünnen Insektenfres-
serschnabel und die graue Färbung an Kopf und Brust von jenem unterscheidet.

Die Heckenbraunelle hält sich vorwiegend dort auf, wo es viel Gestrüpp gibt und ist
sehr scheu. Fühlt sie sich beobachtet, lässt sie sich wie ein Stein zu Boden fallen
und ist durch ihr unauffälliges Aussehen sehr schwer auszumachen.

Sie blieb den ganzen Winter. Im Frühling stand ich oft sehr früh auf, nur um ihren
zarten, leisen Gesang zu hören.

In jenem Winter bemerkten wir auch, dass ganz in unserer Nähe ein Zaunkönig sowie
ein Rotkehlchen lebten. Wir freuten uns sehr darüber, denn wir hatten nicht erwartet,
dass an einer lauten Schule, direkt neben dem Haupteingang, diese Vögel zu beobachten
sind.

Ich liebe den Gesang der Vögel. Das Amselmännchen, welches im März noch zwiegesprächig
in den Hainbuchen übt, hat schon im April den schönsten Tenor weit und breit. Der
Zaunkönig hört sich an, als hätte er ein Megaphon vor den Schnabel genommen, um allen
anderen Zaunkönigen zu erzählen, dass dies sein Revier ist und sie sich gefälligst
woanders hin zu begeben haben. Vielleicht hatte er sich in dem neu angelegten Totholz-
und Reisighaufen eingenistet, den ich am Ende des Gartens extra für Vögel, Insekten
und Igel angelegt hatte.

Die Nistkästen wurden erst im zweiten Jahr angenommen. Dann zog dort die Familie
A. Meise in eines der Kästen ein und zeigte sich dadurch erkenntlich, dass sie unsere
Pflanzen von Räubern freihielt. Herr Meise nahm am Einflugsloch noch einige Änderungen
vor; sorgte dann höchst persönlich für die Einrichtung und zog letztendlich mit seiner
Frau ein.

Auch die Grünlinge sind ihrer Heimat treu und kommen jedes Jahr wieder an diesen Platz,
wo sie von uns herzlich willkommen geheißen werden. Im darauffolgenden Sommer konnten
wir hören, dass ganz in der Nähe eine Klappergrasmückenfamilie eingezogen war. Ich
habe nie heraus bekommen, wo sie nisteten, aber der klappernde Gesang des Männchens
ist in dicht besiedelten Gebieten ziemlich selten und wir waren hoch erfreut darüber.

Unter der ersten Hainbuche, in Sichtnähe unseres Sitzplatzes, stellte ich eine flache
Vogeltränke auf. Oft, wenn ich alleine still vor mich hinträumend oder lesend im Garten-
stuhl saß, konnte ich beobachten, wie die süßen, kleinen Federbälle einen Drink nahmen,
ungeniert Toilette machten, sich badeten und putzten und dann eilig davon sprangen.

Die Vögel brachten viel Freude und Abwechslung, aber manchmal auch Stress in mein
Leben. Ich denke da an die Tage, als die jungen Amseln langsam flügge wurden. Die
Jungen sind Nestflüchter und verlassen oft schon das Nest, bevor sie fliegen können
und hüpfen dann lustig durch den Garten.

Die Alten waren damit nicht gerade einverstanden und flogen laut schreiend hin und
her. Jedesmal, wenn sich eine ihnen verdächtige Figur dem Versteck der Jungen
näherte, stießen sie ihr langanhaltendes, schrilles Keckern aus. Da diese Straße,
im Gegensatz zu einem Wald, ziemlich belebt ist, war jeder verdächtig, und die
beiden Alten mussten von früh morgens bis spät abends schreien - ohne Luft zu
holen, wie es uns manchmal schien.

Wir mussten, ob wir wollten oder nicht, das Schimpfen anhören. Ich traute mich
schon gar nicht mehr in meinen Garten, denn dann schwoll das Gezeter zu einem
ohrenbetäubenden Gekreische an. Doch musste ich schließlich nach dem Wildkraut
sehen oder die Pflanzen gießen.

An einem frischen Morgen ging ich, ungeachtet der Schreikrämpfe der Altvögel, in
den Garten. Ich bückte mich, um eine kleine Staude, die vom Morgentau benetzt
zusammengesunken war, zu befühlen, als unter dieser Staude ein überaus erschrecken-
des Geschrei erscholl und ein Untier, diese Laute ausstoßend, hochsprang, über
meine Hand raste und im Pflanzengewirr verschwand. Vor Schreck schrie ich selber
laut auf und fiel rücklings auf den Hintern. Die Amseleltern flogen jetzt im
Sturzflug auf mich zu, berührten mich aber nicht. Dann dämmerte mir, dass ich
vermutlich ein Amseljunges aufgescheucht hatte.
Ich war wirklich sehr erfreut, als die kleinen Amseln endlich fliegen konnten...

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