Aller guten Dinge sind ja bekanntlich drei, und deshalb hier meine 3. Geschichte für die Anthologie.
Gut gleiten ist wichtig
Wenn man so bedenkt, wie die Zeit vergeht? Jetzt waren sie schon 22 Jahre verheiratet, sie und ihr Harald, und zwar glücklich verheiratet. Natürlich war bei ihnen längst der Alltag eingekehrt, vor allem im Bett, aber es gab schließlich wichtigere Dinge als immer nur Sex. Zusammenhalt und das jeder sich blind auf den anderen verlassen konnte, das waren nur zwei der Dinge, die Hermine wichtig erschienen. Trotzdem dachte sie manchmal mit einer gewissen Sehnsucht an die Tage zurück, wo es mehr als einmal in der Woche körperlichen Kontakt gegeben hatte.
Deshalb hatte sie sich vorgenommen, in der Hinsicht noch einmal einen Vorstoß zu wagen. Sie wollte versuchen, wieder etwas mehr Pep in ihr Liebesleben zu bringen. Sie erinnerte sich daran, dass Harald sie vor ca. zwei Jahren einmal gebeten hatte, mit ihr Analverkehr praktizieren zu dürfen. Da die Beiden schon immer experimentierfreudig waren, hatte Hermine zugestimmt. Allerdings hatte ihr der Verkehr damals Schmerzen bereitet. Als vollendeter Gentleman hatte sich Harald natürlich sofort zurückgezogen.
Er entschuldigte sich hinterher auch noch, dass er ihr wehgetan hatte, aber Hermine hatte abgewiegelt und gesagt, es wäre gar nicht so schlimm gewesen. Trotzdem hatte Harald es seither nicht mehr versucht. Da sie aber wusste, dass der Wunsch immer noch in ihm brannte, hatte sie sich vorgenommen, heute beim Einkaufen ein Hilfsmittel zu besorgen. Sie hatten sich gemeinsam in letzter Zeit einige Sexfilme angeschaut und Hermine hatte, wenn im Film die anale Praktik angewendet wurde, genau aufgepasst, was die Darsteller vorher machten. Deshalb stand auf ihrem Einkaufszettel auch heute in dicken Lettern >GLEITMITTEL<. Da sie ohnehin in den Supermarkt musste, um frisches Obst und Gemüse zu kaufen, machte sie keinen großen Umweg, denn der Sexshop, den sie aufsuchen wollte, lag nur wenige hundert Meter entfernt.
Im Supermarkt war nicht allzu viel los, sodass sie schnell wieder auf der Straße stand. >Na dann wollen wir mal<, dachte Hermine und machte sich auf den Weg in den Sextempel. Bis ca. 100 Meter vor dem Eingang waren ihr Schritte noch zielstrebig und forsch gewesen, aber nun, so kurz vor dem Shop, kamen ihr doch langsam leise Zweifel. >Was ist, wenn dich da jetzt Männer anquatschen? Was ist, wenn ich da zufällig einen Bekannten oder Nachbarn treffe<?
Schließlich überwand sich Hermine und betrat die Lusthöhle. Diffuses Zwielicht empfing sie. Hier vorne waren die Videokabinen aufgebaut. Im hinteren Bereich, dort wo sich auch die Kasse befand, war es heller. Hermine ging an einigen Männern vorbei, die vor den Kabinen standen und sich das Programm anschauten. Aus einer Kabine kam eine junge Frau, mit Minirock und hellem T-Shirt bekleidet. Sie zupfte sich kurz den Rock zurecht und wischte sich über die Lippen. Als sie Hermine erblickte, lächelte sie und zwinkerte ihr zu. Dann verschwand sie nach draußen. Hermine war verwirrt. Was sollte denn das Gezwinkere, kannte die junge Frau sie etwa? Egal Hermine, nicht das Ziel aus den Augen verlieren, denn deshalb war sie schließlich hier. An der Kasse empfing sie eine Frau, fast noch ein Mädchen und nicht älter als Anfang zwanzig, mit grellrot gefärbtem Haar und einer breiten, blonden Strähne genau in der Kopfmitte. „Kann ich ihnen behilflich sein?“ Hermine war sich, aufgrund des Alters der Frau wahrscheinlich, nicht sicher, ob diese ihr helfen konnte.
„Ja wissen sie“, begann sie zögernd, „ich wollte mich nach, wie soll ich sagen… Mein Mann und ich wollen etwas Neues ausprobieren und es flutscht nicht so richtig, wenn sie verstehen, was ich meine.“ Die junge Frau lächelte und fragte: „Suchen sie vielleicht Gleitcreme? Die steht da hinten links in der Ecke.“ Hermine folgte mit ihren Augen dem Finger der jungen Dame und begab sich in die angegebene Ecke des Raumes.
>Himmel noch<, dachte Hermine, als sie die Vielfalt der angebotenen Sorten sah, >bis ich da das Richtige gefunden habe, ist ja das Jahr um<. Sie las die Beschreibung auf einigen der Tuben und Töpfchen, entschied sich schließlich für eine und hoffte, dass sie die Richtige erwischt hatte. An der Kasse stellte sie die Dose vor die Kassiererin und sagte: „Ich nehme das hier. Das war es dann auch, ich möchte bitte zahlen.“ Die Rothaarige angelte sich den Artikel von der Theke und stellte gleich darauf fest, dass er nicht ausgezeichnet war. Ihr Blick glitt suchend durch den Raum und entdeckte an der gegenüberliegenden Wand einen Mann, der Erotikmagazine in ein Regal räumte. „Eddy“, rief sie durch den Raum, und dieser unterbrach die Einräumaktion und wandte sich der Kasse zu. „Um Himmels Willen, bloß das nicht.“ Hermine fiel unweigerlich die Werbung ein, die in regelmäßigen Abständen im Fernsehen gezeigt wurde, in der die Kassiererin durch den ganzen Markt brüllte: „Helga, wat kosten die Kondome?“ Die Kassiererin hob die Hand, in der sich das Gleitmittel befand und Hermine schrumpfte schon in sich zusammen, aber der Mann rief nur zurück: „12,95 Euro“ und wandte sich wieder seiner vorherigen Beschäftigung zu.
Puuh, das war ja gerade nochmal gut gegangen. Hermine bezahlte, steckte die Creme in die Einkaufstasche und gab Fersengeld. Sie atmete sichtlich erleichtert auf, als sie wieder auf der Straße stand. Auf dem nach Hause Weg machte sie noch kurz Halt an einer Weinhandlung und kaufte dort eine Flasche Sekt. Mit allem ausgerüstet, was man für einen schönen Abend zu zweit braucht, ging Hermine heim. Je näher der kleine Zeiger der Küchenuhr auf die fünf zuging, desto nervöser wurde Hermine. Gegen fünf Uhr kam ihr Harald für gewöhnlich von der Arbeit heim, und so war es auch an diesem Tag. Aus der Diele erklang das gewohnte „Ich bin da Schatz.“ Dann dauerte es noch ca. eine Minute, währenddessen sich Harald seines Mantels und der Schuhe entledigte und in die Puschen schlüpfte. Als Harald die Küche betrat, sagte Hermine: „Hallo Liebling, das Essen ist in zehn Minuten fertig.“ Harald ging zum Kühlschrank und holte sich ein Bier heraus. Dabei sah er die Flasche Sekt. „Sekt? Ist irgendetwas Besonderes?“ „Du siehst aber auch alles“, antwortete Hermine, „ich habe eine Überraschung für dich, aber das sage ich dir nach dem Essen.“ Harald schlurfte ins Wohnzimmer und schaltete den Fernseher ein. Als Hermine kurze Weit später das Abendbrot auf dem Tisch stehen hatte, setzte sich Harald zu ihr an den Esstisch und fragte: „Was gibt es denn zu feiern, wegen dem Sekt meine ich?“ Hermine erzählte ihm, das sie heute Gleitcreme gekauft hatte, weil sie gerne noch einmal probieren wollte, ihm seinen Herzenswunsch zu erfüllen.
Alleine der Gedanke daran ließ Harald schneller essen und er verzichtete auch gerne auf das Dessert, denn er konnte die Geilheit nicht mehr zurückhalten. Nach dem Essen sprang er rasch unter die Dusche und huschte dann ins Schlafzimmer in dem Hermine schon das Bett vorbereitet hatte. „Leg dich nur schon einmal hin Schatz, ich bin sofort wieder hier.“ Dann verschwand auch sie im Badezimmer. Geduscht hatte sie schon gegen 16 Uhr am Nachmittag, aber sie wollte sich des Küchendunstes noch schnell entledigen. Hermine hatte nach dem Duschen schon etwas Gleitcreme aufgetragen, um mit dem Finger ein wenig vorzutesten, ohne Schmerzen, wie sie mit Freuden festgestellt hatte. Da es aber ihr erstes Mal war, das sie mit so etwas in Berührung kam, wusste sie nicht, wie lange die Gleitfähigkeit der Creme er-halten blieb. Deshalb, und weil sie eine sehr gründliche Frau war, fasste sie nochmals mit zwei Fingern in das Behältnis und nahm diesmal reichlich. Dann verließ sie das Bad und eilte mit der Gleitcreme in der Hand ins Schlafzimmer, wo sie von Harald schon sehnsüchtig erwartete wurde. Nach einem kleinen Vorspiel nahm Harald dann allen Mut zusammen und setzte die Spitze seines Gliedes an die enge Öffnung. Ganz behutsam schob er sich Millimeter für Millimeter vor und siehe da, es klappte ganz hervorragend. Für Harald war die ungewohnte Enge Neuland, aber er fühlte sich wohl, dort wo er gerade agierte. Nach ca. einer Viertelstunde spürte er einen gewissen Drang und ärgerte sich ungemein, dass er nicht zuvor noch einmal die Toilette aufgesucht hatte. Die Steifheit seines Gliedes ließ auch unweigerlich und naturgemäß nach, aber um nichts in der Welt hätte er jetzt diesen Akt unterbrechen wollen.
Stattdessen erhöhte er das Tempo, um ihnen beiden einen rasanten Orgasmus zu bescheren. Dieser ließ auch nicht mehr lange auf sich warten und erschöpft und glücklich ob dieses wunderbaren Erlebnisses sanken beide in sich zusammen und blieben einige Minuten schwer atmend und reglos liegen. Dann aber wurde der Drang in Haralds Blase so groß, dass er sich beeilen musste, noch rechtzeitig die Toilette zu erreichen. Er sprang vom Bett auf und lief durch den Flur, an dessen Ende sich rechts das stille Örtchen befand.
Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss und einen kurzen Augenblick später hörte man ein Poltern. >Das war aber wirklich in letzter Sekunde, aber ich bin froh, dass er nicht früher gegangen ist<, dachte Hermine und räkelte sich wohlig. Als nach knapp 10 Minuten Harald immer noch nicht zurück war, erhob sich Hermine und ging zum Badezimmer. „Sag mal Liebling, bist du ins Klo gefallen? Beeile dich bitte, ich muss auch mal.“ Aber sie bekam keine Antwort. Also griff sie nach der Türklinke, drückte diese nach unten und schob die Tür auf. Da sah sie ihren Harald auf dem Boden liegen. Ein eisiger Schreck durchfuhr sie. „Harald, Liebling, was ist passiert? So sag doch etwas, ich bitte dich.“ Doch Harald rührte sich nicht. In Panik geraten stürmte sie ins Wohnzimmer und rief einen Krankenwagen an. Als der Notarzt wenige Minuten später an der Wohnungstür klingelte, war Hermine immer noch nackt, aber das war ihr gleich.
Sie führte den Doktor und die Sanitäter schnell ins Badezimmer. Der konnte allerdings nur noch Haralds Tod feststellen. Harald hatte vor lauter Eile übersehen, dass sich mitten im Bad ein dicker Tropfen Gleitcreme auf dem Boden befand. Über den war er ausgerutscht und so unglücklich gestürzt, dass er mit dem Kopf auf die Kloschüssel geschlagen war und sich das Genick gebrochen hatte.
Gut gleiten ist zwar wichtig, aber nicht in jeder Lebenslage.
Copyright by Peter Bochanan 2007-10-19
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Das geschriebene Wort ist das Tor zur unendlichen Freiheit der Gedanken Peter Bochanan
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